Wie soll die Stadt Zürich in den nächsten 15 Jahren aussehen? Die Grundlagen dafür werden in der Bau- und Zonenordnung gelegt. Der im Herbst präsentierte Vorschlag
des Stadtrats für eine Revision hat viel zu reden gegeben. Sowohl der Grad der baulichen Verdichtung als auch die Rolle der Behörden im Planungsprozess sind umstritten.
Das Ziel einer Bau- und Zonenordnung ist es, eine Stadtentwicklung im Rahmen klarer gesetzlicher Bestimmungen und in Anlehnung an übergeordnete Vorgaben zu ermöglichen. Zu diesen Vorgaben
gehören die Verdichtung von Zentren, um die Landschaft vom hohen Nutzungsdruck zu entlasten,
Wohnen und Arbeiten näher zusammenzubringen, um die Mobilität zu minimieren und auch dafür zu sorgen, dass genügend bezahlbarer Wohnraum für die Bevölkerung entstehen kann.
Mit der vorgeschlagenen Bau- und Zonenordnung wird keine dieser Vorgaben unterstützt. Anstelle eindeutiger gesetzlicher Rahmenbedingungen wird beispielsweise eine Mehrausnützung von individuellen Abmachungen abhängig gemacht. Anstelle von Aufzonungen, zum Beispiel an zentralen Lagen, damit das Verdichtungspotenzial optimal ausgeschöpft werden kann, werden die bestehenden
Ausnützungsreserven eingeschränkt. Die Abschaffung des Zürcher Untergeschosses soll
zwar kompensiert werden, aber Minderausnützungen wegen der neu geschaffenen Zone W3b und
der übermässigen Ausdehnung der Quartiererhaltungs- und Kernzonen bleiben bestehen. Aufzonungen gibt es keine. Wir sollen also die nächsten 20 Jahre mit einer Bau- und Zonenordnung leben, die weniger Ausnützungsreserven hat als jene von 1991, als Zürich 350 000 Einwohner zählte. Ausnützungsreserven, welche wir mit dem Bevölkerungswachstum seit 1991 auf heute 400 000 Personen teilweise schon aufgebraucht haben.
Da nützt es wenig, wenn der Stadtrat potenzielle Wohnbaureserven ausweist, die in der Praxis nicht genutzt werden. Denn einerseits sind die bestehenden Reserven für den einzelnen Eigentümer oft zu klein, als dass sich ein Aus- oder Neubau lohnen würde, und andererseits ist für die Eigentümer durch das Einfrieren der Wohnbaureserven ein geschützter Markt entstanden, in dem höhere Renditen einfacher über eine Mietzinserhöhung als durch mehr Leistung, wie durch Verdichtung mit einem Aus- oder Neubau, erreicht werden können.
Nebst der Verkleinerung der Wohnbaureserven ist aber auch die Einführung des Artikels 4b ein ordnungspolitischer Fehler, den nun auch der Kanton als nicht bewilligungsfähig eingestuft hat. Zweck des Artikels 4b, der den Titel «kooperative Planung» trägt, ist es, eine Mehrausnützung zu ermöglichen, wenn im Sinne einer Mehrwertabgabe städtebaulicher Mehrwert und ein Anteil günstiger Wohnungen entsteht. Diese Art der Mehrwertabschöpfung kann durchaus sinnvoll sein; sie darf aber nur unter transparenten Bedingungen erhoben werden. Der vorliegende Artikel 4b ist jedoch zu offen formuliert und öffnet der Willkür Tür und Tor. Weder die Gebiete, die für solche kooperativen Planungen infrage kommen, noch der Umfang der möglichen Mehrausnützung oder die geforderten Gegenleistungen sind klar definiert. So dürften die von der Stadt eingeforderten Leistungen sehr stark davon abhängen, wer gerade Vorsteher des Hochbaudepartementes ist und wer der Bauwillige. Der zusätzliche Verwaltungsaufwand dürfte bedeutend sein, und die Eigentümer von kleineren Grundstücken können vom Artikel 4b kaum profitieren.
Mit dieser Bau- und Zonenordnung verweigert sich die Stadt Zürich einer vernünftigen Entwicklung.
Der fehlendeWohnraum sorgt für hohe Mieten, und die zunehmendeMobilität führt dazu, dass
das Umland weiter zersiedelt wird. Für die sinnvolle Entwicklung Zürichs, auchmittels Aufzonungen,
ist die Einführung einer klar definierten Mehrwertabschöpfung zwingend. Eine solche Mehrwertabschöpfung
wäre möglich, wenn auf KantonsebeneZonen für preisgünstigen Wohnungsbau eingeführt würden.
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Gian von Planta ist Fraktionschef der Grünliberalen im Gemeinderat
der Stadt Zürich.