Grünliberale wollen Öl- und Gasheizungen im Aargau verbieten – AZ

Grünliberale wollen Öl- und Gasheizungen im Aargau verbieten – Hauseigentümer-Präsidentin ist entschieden dagegen

53 Millionen Franken mehr Fördergelder hat der Grosse Rat für energetische Sanierungen von Gebäuden am Dienstag bewilligt. Der GLP reicht das nicht, sie fordert ein Verbot von Öl- und Gasfeuerungen beim Heizungsersatz. Jeanine Glarner, Präsidentin des Hauseigentümerverbandes, wehrt sich gegen die Forderung.

«Der Regierungsrat wird beauftragt, das Energiegesetz so anzupassen, dass beim Heizungsersatz keine fossilbetriebenen Heizungen mehr eingebaut werden dürfen.» Das fordert die GLP in einer Motion, die am Dienstag im Grossen Rat eingereicht wurde. Aktuell werde immer noch in rund der Hälfte der Fälle eine Öl- oder Gasfeuerung beim Heizungsersatz mit einer neuen fossilen Heizung ersetzt, schreiben die Grünliberalen.

Dies trifft gemäss einer Untersuchung des Immobilienberaters Wüest Partner indes nur teilweise zu. Demnach verlieren Öl- und Gasfeuerungen zwar an Boden, hatten beim Hausumbau und beim Heizungsersatz im zweiten Halbjahr 2021 aber immer noch einen Marktanteil von 49,3 Prozent (Mehrfamilienhaus) respektive 28,9 Prozent (Einfamilienhaus). Bei Neubauten liegt der Marktanteil der fossilen Anlagen hingegen unter fünf Prozent, wie die Grafik zeigt.

Im Aargau werden noch immer 45,5 Prozent der Wohnhäuser mit Heizöl warm gehalten. Das ist mehr als im Schweizer Durchschnitt (40,7 Prozent). Lokal schwankt der Wert zwischen 10 Prozent (Würenlingen) und 73 Prozent (Berikon). Den höchsten Gasanteil weist Lenzburg auf (52 Prozent). Wärmepumpen sind in Sisseln am besten vertreten (62 Prozent).

Netto-null-Ziel mit fossilen Heizungen nicht erreichbar

Für die GLP ist klar: «Es ist höchste Zeit, in der Klimapolitik endlich Farbe zu bekennen und die notwendigen Schritte zu unternehmen.» Rund ein Viertel des CO2-Ausstosses im Aargau stamme aus fossilen Heizungen, heisst es im Vorstoss. Fraktionschef Gian von Planta sagt:

«Es ist klar, dass diese Heizungen zur Erreichung des Netto-null-Ziels keine Zukunft haben und ersetzt werden müssen.»

Am Dienstag hat der Grosse Rat die Fördergelder für energetische Sanierungen von Gebäuden um 53 Millionen Franken aufgestockt. Schon bei der Debatte im Parlament sagte von Planta, für den ökologischen Heizungsersatz brauche es mehr als finanzielle Anreize.

«Es reicht nicht, nur zu fördern und Subventionen für den Heizungsersatz an jene zu verteilen, die ihre Heizung ersetzen möchten», hält er nun in der Motion für ein Öl- und Gasheizungsverbot fest. Damit würden nur Überzeugte und Interessierte erreicht, die Mitnahmeeffekte seien sehr hoch. Konkret: Wer anstelle des Ölheizkessels ohnehin eine Wärmepumpe installieren wolle, nehme die Fördergelder gern an, die grosse Mehrheit werde aber weiterhin auf fossile Feuerungen setzen.

Wäre ein Verbot von fossilen Heizungen mehrheitsfähig?

Deshalb braucht es aus Sicht der Grünliberalen ein Verbot für Öl- und Gasfeuerungen beim Ersatz bestehender Heizungen. Dies hatte Links-Grün schon mehrfach gefordert, aber weder im Energiegesetz, das im September 2020 knapp abgelehnt wurde, noch in der neuen Vorlage, welche die Regierung im Mai dieses Jahres präsentierte, war ein solches Verbot enthalten. Nach dem Volks-Nein zum Energiegesetz scheint die Forderung der GLP ohnehin nicht mehrheitsfähig.

Fraktionschef von Planta hält fest, der Regierungsrat tue sich nach der knappen Ablehnung des Energiegesetzes schwer mit einer Neuauflage. Doch die Grünliberalen seien überzeugt, «dass mit der fortschreitenden und spürbaren Klimaerwärmung sowie mit der Erfahrung des Ukraine-Krieges die Bevölkerung für ein Ende der fossilen Heizungen bereit ist und ein Energiegesetz, das auf diesen Kernpunkt fokussiert, in einer Abstimmung eine Mehrheit findet».

Eine klare Regelung wie ein Öl- und Gasheizungsverbot würde helfen, Investitionen zum richtigen Zeitpunkt zu tätigen, und zugleich Fehlinvestitionen verhindern, argumentiert die GLP. Dies würde zudem das Energiegesetz vereinfachen und die komplizierten «Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich» überflüssig machen.

Hauseigentümer-Präsidentin sieht Verbot als falschen Weg

FDP-Grossrätin Jeanine Glarner, die Präsidentin des kantonalen Hauseigentümerverbandes (HEV), kritisiert die Forderung der GLP scharf. Sie sagt:

«Ein Verbot ist der völlig falsche Weg und auch nicht nötig, um die Energie- und Klimaziele zu erreichen.»

Der Vorstoss der Grünliberalen widerspricht laut Glarner allen liberalen Grundsätzen. «Liberal wäre, die richtigen Preissignale zu setzen, um einen Anreiz zu haben, auf erneuerbare Energien umzusteigen.» Diese starken Preissignale kämen derzeit nicht von der Politik, sondern vom Markt.

„Die Baugesuche in den Gemeinden oder die Verkaufszahlen von neuen Heizungen und Lieferengpässe in der Gebäudetechnikbranche beweisen, dass der Markt funktioniert», sagt Glarner, die auch Frau Gemeindeammann in Möriken-Wildegg ist. Die hohen Energiepreise führten dazu, dass viele Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer den Heizungsersatz früher als ursprünglich geplant realisieren.

Glarner sieht wenig Chancen für den Vorstoss im Grossen Rat

Überdies sei der Zeitpunkt des Vorstosses demokratiepolitisch sehr fragwürdig, findet die freisinnige Energiepolitikerin. Das Aargauer Stimmvolk habe 2020 und 2021 gegen Anliegen gestimmt, die deutlich weniger weit gingen. «Scheinbar halten die Grünliberalen von Volksentscheiden gar nichts», kritisiert Glarner.

Zudem habe der Regierungsrat im Sommer eine Anhörung für eine Neuauflage des kantonalen Energiegesetzes durchgeführt. Im Gegensatz zur GLP verwehre sich der HEV Aargau der Diskussion darüber nicht. Glarner kritisiert, statt sich konstruktiv in der parlamentarischen Debatte über das Energiegesetz einzubringen, lancierten die Grünliberalen eine Motion. Und sie wagt eine Prognose: «Es würde mich wundern, wenn dieses Vorgehen durch den Grossen Rat goutiert würde.»

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