Streit um Vatikan-Besuch – TalkTäglich Tele M1

Der Aargau hat am Wochenende den Vatikan erobert. Mehrere hundert Personen aus dem Gastkanton Aargau reisten nach Rom und verfolgten die Vereidigung der Schweizergardisten live. Der Aargauer Auftritt war dem Kanton 170’000 Franken wert. Zudem zahlt die Regierung weitere 700’000 Franken (via Swisslos-Fonds) für die neue Kaserne der Schweizergardisten. Geldverschwendung oder beste Werbung für den Kanton?
Erstausstrahlung:

Gäste:

  • Joana Filippi, Staatsschreiberin Kt. Aargau
  • Luc Humbel, Präsident katholische Kirche AG
  • Gian von Planta, Fraktionspräsident glp AG

Moderation: Rolf Cavalli

Rezenssion in der AZ vom 2023-05-10

Kontroverse

700’000 Franken für Gardisten-Kaserne: Darf der Regierungsrat bald nicht mehr allein über Swisslos-Gelder entscheiden?

GLP-Fraktionschef Gian von Planta will, dass Spenden ab einem gewissen Betrag nicht mehr in die Kompetenz des Regierungsrats fallen. Im «Talk Täglich» stritt er mit Staatsschreiberin Joana Filippi und Katholiken-Präsident Luc Humbel über die 700’000 Franken, welche der Kanton Aargau für den Bau einer neuen Kaserne für die Schweizergarde in Rom spendet.

Fabian Hägler 6 Kommentare
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Gian von Planta (GLP-Fraktionschef), Luc Humbel (Präsident des katholischen Kirchenrats) und Joana Filippi (Staatsschreiberin, von links) zu Gast im TalkTäglich bei Moderator Rolf Cavalli.

Gian von Planta (GLP-Fraktionschef), Luc Humbel (Präsident des katholischen Kirchenrats) und Joana Filippi (Staatsschreiberin, von links) zu Gast im TalkTäglich bei Moderator Rolf Cavalli.

Screenshot / Tele M1

Es war ein polemischer Tweet, den Gian von Planta, Fraktionschef der Grünliberalen, am Montag absetzte: «700’000 Franken für einen Händedruck mit dem Papst?» schrieb er zu einem Bild, das den Aargauer Finanzdirektor Markus Dieth bei der Audienz mit dem Oberhaupt der katholischen Kirche in Rom zeigt. Dieth hatte zusammen mit seinen vier Regierungsratskollegen im letzten Herbst entschieden, für den Neubau der Kaserne der Schweizergarde im Vatikan einen Betrag von 700’000 Franken aus dem Swisslos-Fonds zu spenden.

Auf Nachfrage der AZ sagte von Planta, die grosszügige Spende störe ihn: «Es ist viel Geld und kommt aus einem Fonds, der eigentlich für Projekte im Aargau gedacht wäre.» Der GLP-Grossrat kritisierte auch, dass der Regierungsrat in eigener Kompetenz über die Swisslos-Gelder entscheiden könne. «Allenfalls muss man dort ansetzen und diese Bestimmungen ändern», sagte von Planta und kündigte an, sich entsprechende Gedanken zu machen.

Am Dienstagabend wurde der Grünliberale im «TalkTäglich» von Tele M1 dann konkreter. «Ich möchte nicht über jeden Beitrag von wenigen tausend Franken abstimmen müssen, aber ab einer gewissen Summe sollten die Spenden dem demokratischen Prozess unterstellt werden.» Zuvor hatte von Planta gesagt, aus seiner Sicht sei die Schweizergarde eine religiöse Institution, die nicht mit Swisslos-Geldern unterstützt werden dürfe. «Gardisten müssen praktizierende Katholiken sein, zudem hätte der Vatikan sicher genügend Geld, um den Kasernenbau zu finanzieren.»

Katholiken-Präsident: «Es ist logisch, bei Kantonen um Geld zu fragen»

Anders sieht dies Luc Humbel, der Präsident der römisch-katholischen Landeskirche, die das Heu bekanntlich nicht immer auf der gleichen Bühne hat wie der Vatikan. Humbel war mit der Delegation des Gastkantons Aargau bei der Vereidigung der neuen Gardisten in Rom dabei und findet: «700’000 Franken sind zwar sehr viel Geld, aber dieser Beitrag wird nur alle 400 Jahre nachgefragt, die Kaserne wird zum ersten Mal erneuert», sagte er. Zudem könnten mit Swisslos-Geldern auch Institutionen mit nationaler Ausstrahlung unterstützt werden, was bei der Garde der Fall sei.

Gian von Planta, Luc Humbel und Joana Filippi (von links) zu Gast im «TalkTäglich».

Video: Tele M1

Humbel sagte weiter, er würde es zwar begrüssen, wenn der Vatikan sich auch an den Kosten für den Kasernenneubau beteiligen würde. Nun tue Rom das nicht, dennoch sei es logisch, bei den Kantonen um Geld zu bitten. Der Kirchenratspräsident hätte auch nichts dagegen, über einen Kantonsbeitrag abstimmen zu lassen, nur sei dies im Aargau gesetzlich nicht vorgesehen und der Regierungsrat könne entscheiden.

Staatsschreiberin Filippi: «Es gab Diskussionen im Regierungsrat»

Unumstritten sei die 700’000-Franken-Spende nicht gewesen, es habe durchaus Diskussionen gegeben, sagte Staatsschreiberin Joana Filippi, die bei den Regierungssitzungen dabei ist. Einstimmig dürfte der Entscheid nicht gefallen sein, doch Filippi hielt fest, dass die Spende rechtmässig sei. Es gebe mehrere Gardisten aus dem Aargau, diese hätten insgesamt schon 80 Mannjahre geleistet. Zudem habe die Garde den Auftrag, den Papst zu schützen, sie führe aber keine religiöse Akte durch.

Filippi betonte, der Kanton habe nicht dem Vatikan Geld gegeben, sondern der Garde. «Und es ist dringend, dass die Kaserne erneuert wird, sie ist in einem desolaten Zustand.» Die Kasernenstiftung habe einen Beitrag von 1 Franken pro Einwohner des Kantons empfohlen, daran habe sich der Aargau gehalten. Und man habe klare Bedingungen gesetzt: Das Geld werde erst ausbezahlt, wenn die Baubewilligung vorliege und genug andere Kantone sich ebenfalls beteiligten.

SP-Grossrätin unterstützt Neuregelung der Swisslos-Gelder

Ob der Regierungsrat weiter in eigener Kompetenz hohe Spenden aus dem Swisslos-Fonds vergeben kann, ist allerdings offen. Nicht nur GLP-Fraktionschef von Planta, sondern auch SP-Grossrätin Lelia Hunziker sieht den Beitrag sehr kritisch. «Leider ist im Aargau ein Referendum nicht möglich», schrieb sie auf Twitter mit Blick auf den Kanton Luzern, wo ein Beitrag von 400’000 Franken vom Volk abgelehnt wurde.

Hunziker weiter: «Wir sparen an allen Ecken und Enden in der Bildung, beim Gesundheits- und Asylwesen. Wenn aber Halleluja ins Spiel kommt, klimpern die Batzen.» Die Politik sollte sich Gedanken darüber machen, wie die Lotteriefondsgelder reguliert werden könnten. «Heute kann der Regierungsrat alleine darüber befinden, es ist quasi ein Selbstbedienungsladen für alle mit guten Kontakten.» Für die SP-Grossrätin ist klar: Es braucht Kriterien und Ziele für die Vergabe.

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