Staatsfirmen an die kurze Leine nehmen?

Vier prominente Grossratsmitglieder von FDP, SVP, GLP und Mitte wollen Unternehmen im Kantonsbesitz mit neuen Regeln einbremsen.

Fabian Hägler

«Der Regierungsrat kann nachvollziehen, dass die Investitionstätigkeiten der AEW auf den ersten Blick als eine Konkurrenzierung der Privatwirtschaft erscheinen können.» Das steht in der Stellungnahme auf einen Vorstoss, der es dem grössten Energieversorger im Aargau verbieten wollte, sich an privaten Firmen zu beteiligen. Gleich danach heisst es aber: «Eine Einschränkung der Tätigkeiten der AEW möchte der Regierungsrat vermeiden.»

Die Regierung findet, die AEW konkurrenziere die Privatwirtschaft nicht. Zudem seien nicht alle Investitionen der Firma, die zu 100 Prozent dem Kanton gehört, reine betriebswirtschaftliche oder finanzielle Geschäfte. «Je nachdem sind es Kooperationen, die dem Wissenszuwachs dienen», schreibt die Regierung. Sie ist aber bereit, Produkte, Dienstleistungen und Investitionen der AEW eingehend zu prüfen.

Bürgerliche wittern Wettbewerbsverzerrung

Das reicht den Kritikern aus dem bürgerlichen Lager nicht, an der letzten Grossratssitzung haben sie mit einem neuen Vorstoss nachgelegt. Ein prominentes Quartett mit Adrian Schoop (FDP, Sprecher), SVP-Sekretärin Barbara Borer-Mathys, Mitte-Fraktionspräsident Alfons Paul Kaufmann und GLP-Fraktionschef Gian von Planta verlangt Massnahmen zur «Eindämmung der Marktexpansion und gegen Wettbewerbsverzerrung durch Staatsbetriebe».

Der Regierungsrat soll gesetzliche Grundlagen schaffen, sodass für Unternehmen im kantonalen Eigentum ein Zweckartikel eingeführt, Transparenzvorschriften erlassen und Compliance-Massnahmen ergriffen werden müssen. Die Grossräte kritisieren: «Die Übernahmepolitik der AEW Energie AG wirft ein Licht auf das problematische Potenzial von Staatsunternehmen, sich mit der Rückendeckung des Staates in einen unfairen Wettbewerb mit Privaten zu begeben.»

Als konkretes Beispiel nennen sie die Beteiligung der AEW an der GA-Werkstatt.ch AG, einem Anbieter von Lösungen zur Gebäude-Automation. Dies unterstreiche den Handlungsbedarf nach gesetzlichen Regelungen, um einen fairen Wettbewerb sicherzustellen. Die wettbewerbsverzerrende Gefahr beschränke sich nicht auf die AEW Energie AG, schreiben die Grossräte und weisen auf weitere Unternehmen im Staatsbesitz hin, so die Aargau Verkehr AG oder die Kantonsspitäler Aarau und Baden.

Zweck beschränken und Transparenz schaffen

Ihre Forderung stützen sie auf eine Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW). Unter dem Titel «Der Staat als Teilnehmer am Wettbewerb» zeige diese, dass Lücken in der Gesetzgebung bestehen, um die Wirtschaft «vor Wettbewerbsverzerrungen durch staatsnahe oder staatliche Unternehmen zu schützen». Besonders wichtig sei eine Abgrenzung zwischen gesetzlich privilegierten Tätigkeiten und der Teilnahme am allgemeinen Wettbewerb.

Damit solle sichergestellt werden, «dass staatliche Unternehmen ihre Aufgaben nur im Rahmen ihrer festgelegten Zwecke erfüllen». Die Grossräte fordern auch mehr Transparenz zu Kennzahlen, Geldflüssen und indirekten Finanzierungen. So könnten sich Kunden, Mitbewerber und Aufsichtsbehörden über staatliche Aktivitäten informieren, zudem liesse sich versteckte Wettbewerbsverzerrung «durch Quersubventionierung bei hybriden Tätigkeiten eines Staatsunternehmens verhindern».

Der Regierungsrat hat sich zum Vorstoss noch nicht geäussert, es ist aber anzunehmen, dass er diesen ablehnen wird. Stellung genommen hat die AEW-Spitze: An der Bilanzmedienkonferenz wehrte sich Präsident Raffael Schubiger gegen die Vorwürfe. Um die Versorgung im Rahmen der klimaneutralen Energiestrategie sicherstellen zu können, müsse die AEW verstehen, wie Solarpanels in Haushalten oder Ladestationen für Elektroautos in Verbindung mit dem Stromnetz funktionieren.

«Um dieses Wissen zu erwerben, beteiligen wir uns an Unternehmen. Wir kaufen sie nicht», betonte Schubiger. Er führte aus, wie über das Produkt «AEW myHome» Solaranlagen und Batteriespeicher zwar angeboten würden, deren Installation aber von privaten Firmen übernommen werde. Dadurch würde die AEW als Staatsunternehmen «eine Wirtschaftsleistung für Fachpartner generieren», also die Privatwirtschaft ankurbeln.

Die Kritiker sehen dies anders und fordern ein «level ­playing field» im aargauischen Marktumfeld. Innovationen und gesunde Firmen sollten nicht durch die übermächtige Konkurrenz des Staates behindert oder verdrängt werden. Wann der Vorstoss behandelt wird, ist noch offen – wenn die Ratsmitglieder der vier Parteien den prominenten Motionären folgen, dürfte er jedoch deutlich überwiesen werden.

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