Das Globus-Provisorium bleibt und bleibt
Guido Trevisan und Gian von Planta von der GLP stellen sich das Papierwerd-Areal als offenen Platz vor mit Treppen zur Limmat und einem privat geführten Restaurant ähnlich jenem auf dem Stadelhoferplatz.
Der Stadtrat will auf dem Papierwerd-Areal keinen Park, wie ihn die Grünliberalen fordern. Coop kann bis mindestens 2019 bleiben – und für die Zeit danach gibt es für dieses kostbare Grundstück immer noch keine zündende Idee.
Von Jürg Rohrer
Zürich – Wie geht der kürzeste Zürcher Witz? «Globus-Provisorium!» Ein Provisorium mitten in der Stadt, das 52 Jahre alt ist und noch lange stehen bleiben wird, finden allerdings nicht alle lustig. Zum Beispiel die Grünliberalen und die SVP. Für die einen passt das Provisorium nicht ins Bild der Innenstadt; für die anderen ist es gar ein Schandfleck. Beide Parteien wollen das mit politischen Vorstössen ändern.
Guido Trevisan und Gian von Planta von der GLP stellen sich das Papierwerd-Areal als offenen Platz vor mit Treppen zur Limmat und einem privat geführten Restaurant ähnlich jenem auf dem Stadelhoferplatz. Dafür verlangen sie vom Stadtrat einen Kredit. Doch dieser will die Motion der GLP nicht entgegennehmen. Erstens weil das Globus-Provisorium voll genutzt wird: im Unter- und Obergeschoss von der Stadt, im Erdgeschoss von Coop. Der Grossverteiler hat einen Mietvertrag bis 2015 und kann bis 2019 verlängern. Über 6 Millionen Franken investierte Coop vor vier Jahren in die Renovation seiner Filiale, die mit täglich 6000 Kundinnen und Kunden eine seiner bestfrequentierten ist. «Der Mietertrag für die Stadt ist bei geringer Investition gut», schreibt der Stadtrat, zudem sei die Coop-Filiale wichtig für die Versorgung des Quartiers. Durch den ersatzlosen Abbruch des Globus-Provisoriums würde die Stadt nicht nur die Mieteinnahmen verlieren, deren Höhe geheim ist, sondern auch den Gebäudewert. Das Amt für Städtebau hat infolge der politischen Vorstösse drei Szenarien für das Papierwerd-Areal skizziert. Der Abbruch des Globus-Provisoriums zugunsten eines Platzes wäre städtebaulich attraktiv, würde Aufenthaltsqualität am Wasser schaffen und Raum bieten für einen Uferweg die Limmat entlang. Nachteil: geringe Wertschöpfung und Verzicht auf die Nutzung einer hochwertigen Baulandreserve in der Kernzone. «Nicht vertretbar» sei dieser Verzicht, schreibt der Stadtrat im Geschäftsbericht 2012.
Einkaufen unter Wasser
Das Szenario Neubau hätte den Vorteil von öffentlichen Nutzungen auch in den Obergeschossen und von verbesserten
Aussenräumen, zum Beispiel mit einem Uferweg. Nachteil: hohe Investitionskosten, keine höhere Wertschöpfung
und unklare Nutzung. Das sieht die SVP anders: Ihre Gemeinderäte Bruno Sidler und Bruno Garzotto schlugen 2008 ein Begegnungs- und Informationszentrum vor, wo sich Touristen und Einheimische über die Stadt informieren können. Im Untergeschoss dürfte weiterhin ein Laden sein mit Fenstern halb unter Wasser, «was sicher sehr attraktiv wäre». Das SVP-Postulat wurde vom Gemeinderat mit 95 gegen 17 Stimmen dem Stadtrat zur Prüfung überwiesen. Doch wie ein Park ist für den Stadtrat auch ein Infozentrum weder dringend noch wirtschaftlich wünschbar. So kommt für die Stadt momentan einzig ein Umbau oder eine Umnutzung infrage. Dies jedoch erst in einigen Jahren, weil Coop mindestens bis 2019 bleiben kann und die Stadtpolizei, die das Untergeschoss als Garage und Teile des Obergeschosses nutzt, Ersatz braucht,
bevor sie ausziehen kann.
Eigentlich war das 1961 eröffnete Provisorium auf fünf Jahre angelegt. Das Warenhaus Globus liess es vom bekannten Architekten Karl Egender (Hallenstadion, Hochschule für Gestaltung, Limmathaus) erstellen, um die Zeit zu überbrücken, bis der Neubau an der Pestalozziwiese fertig war. Der heutige Globus, 1967 eröffnet, war Egenders letztes Werk. Nach dem Auszug von Globus nutzte die Stadtpolizei das Untergeschoss als Parkplatz für Dienstfahrzeuge – und einmal auch zum Verprügeln von Demonstranten, deren Forderung nach einem Jugendhaus im Globus-Krawall vom Juni 1968 endete. Nicht nur die Jugendlichen hatten damals Vorstellungen, was mit dem Papierwerd-Areal geschehen sollte. Der Verkehrsverein Zürich schlug ein mehrstöckiges Verkehrshaus vor mit Bädern, Coiffeur, Kleiderreinigung und Geldwechsel für Reisende, Billettverkauf und Information für Touristen sowie Räumen für ausländische Verkehrsbüros. Die Swissair plante ein Air Terminal. Ideen machten die Runde: für ein Hotel, ein Theater, ein Freizeitzentrum – oder einen Park, wie ihn die GLP jetzt wieder fordert. Keine Idee setzte sich durch. Am weitesten kam das Projekt «Haus im Fluss» für ein Begegnungs- und Informationszentrum. Es kam immerhin zur Volksabstimmung, wurde im Juni 1992 aber mit 60 Prozent Nein abgelehnt. Im Entwurf der Denkmalpflege Fünf Jahre später schaffte es das Globus-Provisorium fast ins Inventar der kunst und kulturhistorischen Schutzobjekte – als wichtiger Zeuge des Bauens in der Nachkriegszeit (Egender) und als Zeuge der Sozialgeschichte ( Jugendunruhen). Allerdings kam das Globus-Provisorium nur in den Entwurf der Denkmalpflege; der Stadtrat strich es dann aus dem definitiven Inventar. Ein Provisorium unter Denkmalschutz hielt er für keinen guten Witz.