Gemäss FCZ-Präsident Ancillo Canepa ist das neue Fussballstadion im Hardturm überlebenswichtig für den Spitzenfussball. Das sei nicht die Aufgabe der Stadt, sagt hingegen GLP-Gemeinderat Gian von Planta.
Herr Canepa, eine Umfrage des «Tages-Anzeigers» zeigt: Das Hauptargument der Stadionbefürworter lautet schlicht, dass die beiden Grossclubs ein reines Fussballstadion brauchen. Ist dies wirklich das einzige Argument?Canepa: Der Profifussball in Zürich ist für die Zukunft auf eine wirtschaftlich solide Basis angewiesen. Ein reines Fussballstadion bietet das – im Gegensatz zum Letzigrund. Wir haben heute beschränkte Einnahmemöglichkeiten und erhöhte Kosten bei der Sicherheit im Stadion. Es geht tatsächlich um die Zukunft des Spitzenfussballs in Zürich.
Herr von Planta, offenbar geht es nicht ohne neues Stadion: Sind Sie gegen zwei Grossclubs in Zürich?
Von Planta: Ich bin überzeugt, dass sie mit dem Letzigrund leben können.
Canepa: Das Problem heute ist, dass die Catering-Einnahmen grösstenteils nicht an die Clubs gehen. Die Zahl der Restaurantplätze ist auf 321 beschränkt. St. Gallen und Luzern haben 2000 bis 4000 solcher Plätze. Luzern macht damit gegen 5 Millionen Franken Umsatz.
Sie, Herr von Planta, behaupten, die Sicherheit würde teurer. Warum?
Von Planta: Die Stadt hat beim neuen Stadion alle Fanwünsche berücksichtigt. So erhalten die FCZ-Fans eine Südkurve. Allein dies kostet 6 Millionen. Die Stadtpolizei geht davon aus, dass die Sicherheit wegen der Südkurve 1 Million mehr kostet. Jährlich. Und zusätzlich zum Betriebsdefizit von bis zu 8,3 Millionen.
Canepa: Wir können die Angaben der Stadtpolizei nicht nachvollziehen. Es ist völlig legitim, dass die beiden Fangruppierungen ihre eigenen Kurven erhalten – da steckt viel Geschichte dahinter.
Fussball lebt von Emotionen, die Stimmung im neuen Stadion wird besser sein. Herr von Planta, sind Sie eine Spassbremse?
Von Planta: Ich würde den Fans und auch mir ein neues Stadion gönnen. Über 220 Millionen Franken dafür auszugeben, obwohl wir bereits ein Stadion haben, geht aber nicht. Dies ist keine Staatsaufgabe. Verschiedene Clubs der Super League haben neue Stadien gebaut – alle privat finanziert: in Bern, Basel, Thun, Luzern und St. Gallen.
Canepa: Es gibt keinen Club in der Schweiz, der sein Stadion selber gebaut hat. Privat bauen heisst: Investoren können das Stadion mit einer Mantelnutzung kombinieren – mit Einkaufszentren und Hotels. Genau das plante die Stadt mit der CS, dies ist aber gescheitert.
220 Millionen sind zu viel, lautet die Kritik. Für Sie nicht, Herr Canepa?
Canepa: Die Zahl ist falsch. Geldwirksam sind 150 Millionen Franken: 85 Millionen kostet das Stadion und 65 Millionen die Umgebungsarbeiten.
Von Planta: Nein, das ist falsch.
Canepa: Der Rest betrifft Baureserven und das Grundstück, das bereits der Stadt gehört. Hier gehts nur noch um eine interne Umbuchung.
Von Planta: Herr Canepa, ich hoffe, Sie führen Ihren Club nicht mit diesen betriebswirtschaftlichen Methoden. Das Stadion kostet nach SIA 180 Millionen: 150 plus 30 Millionen Reserve. Dazu kommen Land und Altlastensanierung. Es gibt vergleichbare Stadien, die für die Hälfte des Preises erstellt wurden.
Canepa: Ich überlasse Ihnen gerne meinen Job als Präsident eines Fussballclubs. Dann können Sie beweisen, dass Sie diesen betriebswirtschaftlich gut führen können. Die Stadt Zürich braucht ein richtiges Fussballstadion. Sie finanziert auch Kulturhäuser . . .
Von Planta: . . . beim Erweiterungsbau des Kunsthauses haben Private die Hälfte der Kosten übernommen.
Canepa: All die Investitionen und Subventionen bei Opernhaus, Schauspielhaus und Kunsthaus haben Stadt und Kanton über die Jahre Milliarden gekostet. Kultur ist sehr, sehr wichtig. Nur: Der Fussball ist es genauso. Wir erreichen mit dem Spitzenfussball tagtäglich mehr Leute als die Kultur.
Gehen die Clubs ein, wenn das neue Stadion nicht kommt?
Canepa: Ich will nicht drohen. Fakt ist: Oft sorgen Privatleute dafür, dass die Clubs überleben. Man kann aber nicht davon ausgehen, dass das in Zukunft so weitergeht. Die beiden Clubs müssen sich selber finanzieren können.
Von Planta: Sie behaupten, dass der FCZ und GC gegen Thun oder St. Gallen nicht bestehen könnten, wenn sie im Letzigrund blieben? Das ist unhaltbar.
Braucht es mit dem Stadion immer noch Canepas, die das Portemonnaie für den Club öffnen?
Canepa: Das ist . . .
Von Planta: . . . neu müsste die Stadt Zürich bezahlen . . .
Canepa: . . . auch das ist eine Behauptung. Es steht nicht definitiv fest, dass ein Betriebsdefizit entsteht. Die Stadt hat die Einnahmen in ihrem Businessplan extrem konservativ berechnet. Die wichtigste Komponente ist die Zahl der Zuschauer. Sie geht beim FC Zürich von 10 000 Zuschauern im Schnitt aus. Wir rechnen mit 14 000 bis 15 000. Schon heute haben wir in aller Regel 12 000.
Von Planta: Die Stadt rechnet im guten Fall mit einem Defizit von gut 6 Millionen, im schlechten von 8,3 Millionen. Es wird ein Defizit geben. GC spielte im Hardturm in einem reinen Fussballstadion und hatte nicht mehr Zuschauer.
Canepa: Alle neuen Stadien haben massiv mehr Zuschauer angezogen.
Von Planta: Was ist mit Genf ?
Canepa: Dort ist Servette in die Challenge League abgestiegen . . .
Von Planta: . . . und das kann GC oder dem FCZ nicht passieren?
Canepa: Wir wollen ambitionierten Fussball spielen und haben ein Einzugsgebiet von 1,5 Millionen Einwohnern.
FDP-Nationalrat Ruedi Noser twitterte nach dem FDP-Nein: «Willkommen in der Provinz». Herr von Planta, sind Sie ein Provinzler?
Von Planta: Provinziell ist höchstens die Stadiongrösse. Über 200 Millionen für 19 000 Plätze: Das ist Seldwyla pur.
Canepa: Das Stadion wird leicht mehr als die 19 000 Zuschauer fassen.
Von Planta: Was? Wie viele denn?
Canepa: Um die 20 000.
Von Planta: In der Abstimmungszeitung steht aber 19 000.
Canepa: Die berücksichtigt wahrscheinlich die Stehplätze in den Sektoren der Auswärtsfans nicht.
Von Planta: Das ist unglaublich. Wir stimmen über ein Stadion ab und wissen nicht einmal, wie viele Plätze es hat.
Canepa: Für internationale Spiele sind es 16 000 Sitzplätze. Diese sind für die Kosten relevant. Bei nationalen Spielen wollen wir flexibel sein.
Viele Leute verstehen nicht, dass sich die beiden Clubs nicht am Bau des neuen Stadions beteiligen.
Canepa: Nennen Sie mir einen Schweizer Club, der dies getan hat.
Von Planta: Luzern mit 10 Millionen.
Canepa: Das war nicht der Club, sondern eine Holding, die auch am Bau der übrigen Infrastruktur beteiligt war.
Von Planta: Der ZSC und Voléro bezahlen 44 Millionen an ihr Stadion.
Canepa: Wir werden Miete bezahlen. Wenn die Stadt Wohnungen baut, verlangt sie auch nicht, dass sich die Mieter am Bau beteiligen.
Von Planta: Nein, aber dass die Miete kostendeckend ist.
Canepa: Das ist auch hier die Idee.
Von Planta: Das wird aber nicht eintreffen.
Canepa: Doch. Wenn wir die nötigen Zuschauerzahlen erreichen, kann es kostendeckend geführt werden.
Sie, Herr Canepa, und Ihr Kollege André Dosé von GC haben doch gute Verbindungen zur Wirtschaft. Ist es nicht möglich, Investoren oder Donatoren zu finden?
Canepa: Investoren müssen Sie etwas bieten. Eine Mantelnutzung eben. In Zürich gibt es kein anderes Grundstück, auf dem Sie ein Stadion mit Mantelnutzung bauen könnten.
Von Planta: Auf dem Hardturm wäre auch eine sanfte Mantelnutzung denkbar, etwa mit Alterswohnungen. Das kann aber auch anderswo sein. In Schlieren etwa. Oder in Stettbach neben dem FCZ-Trainingsgelände Heerenschürli.
Canepa: Dann ändern wir gleich noch unsere Namen? FC Schlieren-Zürich? Oder FC Grasshoppers-Stettbach? Ist es das, was Sie wollen?
Der FCZ und GC beteiligen sich mit je einer Million an der StadionBetriebsgesellschaft – so viel wie das Handgeld, das der FCZ an den Spieler Amine Chermiti bezahlte. Ist das nicht Verhältniswahnsinn?
Canepa: Es werden viele falsche Zahlen herumgeboten. Die Betriebs-AG soll mit 10 Millionen gegründet werden. 5 Millionen bringt die Stadt, 5 zahlen die Clubs. Jetzt kommen Sie sicher noch mit den Millionensalären der Fussballer . . .
. . . Sie könnten die Saläre hier und jetzt offenlegen.
Canepa: Ich kann nur sagen: Wir bezahlen keine Fantasiegehälter. Ich finde es schade, dass man die Clubs nur auf den Profifussball reduziert. Wir machen enorm viel im Nachwuchsbereich und unterstützen Amateurvereine. Wir führen Behindertenturniere durch. Wir leben die Integration tagtäglich.
Es heisst, der FCZ und GC investierten 400 000 Franken in die Pro-Kampagne.
Canepa: Wieder eine falsche Zahl. Bis jetzt haben wir 50 000 Franken zusammengetragen, GC etwa gleich viel.
Wie viel haben Sie zur Verfügung?
Von Planta: Der Spendenstand liegt bei 4500 Franken.
Die Stadt will für 800 000 Franken den Namen des Stadions verkaufen. Gibt es dazu Konkreteres?
Canepa: Es hat Kontakte gegeben. Für diesen Betrag würde ich das Namensrecht aber nicht verkaufen.
Für wie viel denn? 2 Millionen?
Canepa: In dieser Dimension, ja.
Haben Sie Anwärter, die so viel bezahlen würden?
Canepa: Ja. Ich habe bereits Kontakte mit Interessenten aufgenommen.
Was geschieht bei einem Nein? Die Fusion der beiden Clubs?
Canepa: Es gibt wirtschaftliche Aspekte, die dafür sprechen würden. Wir reden hier aber nicht von zwei normalen Unternehmen, sondern von Vereinen mit ihren Geschichten und ihren Fans.
Von Planta: Der Fussball in Zürich wird gleich weitergehen. Wenn das Bedürfnis für ein neues Stadion so gross ist, werden die Clubs in zwei, drei Jahren mit einem besseren Projekt kommen.
«Kein Club baut sein Stadion selbst» «Ein neues Stadion könnte auch in Schlieren stehen. Oder in Stettbach neben dem FCZTrainingsgelände.» Gian von Planta