In der Zürcher Innenstadt und im Zentrum Oerlikon soll eine Stunde künftig 3 statt 2 Franken kosten. Der Gemeinderat hat sich auf einen Kompromiss geeinigt, der weniger weit geht, als es der Stadtrat wollte.
Jürg Rohrer
Seit 1994 zahlt man für einen Strassenparkplatz in der City 50 Rappen für die ersten 30 Minuten, 2 Franken für eine Stunde und 5 Franken für zwei Stunden. Bald werden es 19 bis 100 Prozent mehr sein: 1 Franken für die erste halbe Stunde, 3 für eine Stunde, 7.50 für zwei Stunden und 9.50 für drei Stunden. Diese Preisen gelten für die sogenannten Hochtarifgebiete, namentlich die Innenstadt mit Teilen von Enge, Aussersihl, Industriequertier und Seefeld sowie das Zentrum Oerlikon.
Was den einen oder anderen Automobilisten erzürnen könnte, ist ein Kompromiss aus dem Stadtparlament, der weniger weit geht, als es die Exekutive beantragt hat. Der Stadtrat wollte mehr: Gebührenpflicht auch am Sonntag und am Samstagabend bis 21 Uhr (heute 16 Uhr). Weiter wollte er die Hochpreisgebiete in den Stadtkreisen 4 und 5 sowie im Gebiet Sihlcity und im Norden Oerlikons vergrössern. Überdies sollten drei Stunden Parkieren 12 Franken kosten.
Bürgerliche wollten zuerst nicht
Der Anstoss für die Preiserhöhung war eine Motion von Markus Knauss (Grüne) und Gian von Planta (GLP), die der Gemeinderat 2012 gegen den Willen der Bürgerlichen überwiesen hatte und die danach über ein Jahr lang in der 13-köpfigen Verkehrskommission des Gemeinderates beraten wurde. Der Auftrag lautete: Eine Preiserhöhung, die eine lenkungswirksame und effiziente Nutzung der Parkplätze ermöglicht.
Gestern teilte die Spezialkommission Polizeidepartement/Verkehr mit, dass es ihr in Absprache mit Polizeivorsteher Richard Wolff (AL) gelungen sei, einen breit abgestützten Kompromiss zu finden. Alle Fraktionsvertreter stimmten zu, ausser den beiden aus der SVP. In den nachfolgenden Punkten hat die Kommission den Antrag des Stadtrates korrigiert:
Keine Ausdehnung der Hochtarifgebiete. Ausnahme: Zürich-West mit rund 200 Parkuhrenplätzen. Dort im Ausgehviertel kosten die Parkplätze künftig ab Donnerstag bis Sonntagmorgen während der ganzen Nacht.
In der ganzen Stadt keine Gebührenpflicht am Sonntag.
Keine Ausdehnung am Samstagabend bis 21 Uhr, sondern bis 20 Uhr. Der Gemeinderat will den Automobilisten sogar eine Stunde schenken, denn neu müssen die Parkuhren erst ab 9 Uhr bedient werden und nicht wie bisher ab 8.
Ausserhalb der Hochtarifgebiete, wo nur die Kontrollgebühr und keine Nutzungsgebühr erhoben wird, bleibt der Tarif bei 50 Rappen pro Stunde. Der Stadtrat wollte das auch am Sonntag und an den anderen Tagen von 8 bis 21 Uhr erheben. Der Gemeinderat will bloss 9 bis 20 Uhr und sonntags gratis. Die Erhöhung von Parkgebühren sei ein politisch umstrittenes Thema, schreibt die gemeinderätliche Kommission in ihrer Meldung. Die Weisung des Stadtrates sei bei verschiedenen Parteien und Organisationen auf Ablehnung gestossen. In der Kommission habe sich dann der Wille durchgesetzt, einen tragbaren Kompromiss zu suchen. Weiter versichern die Vertreter aller Parteien ausser der SVP, dass sie kein Behördenreferendum unterstützen werden. 42 Stimmen im Parlament genügen, um einen Entscheid vors Volk zu bringen.
Der Sonntag ist gerettet
Warum unterstützt die FDP jetzt eine Erhöhung der Parkgebühren, wo sie doch ständig die rot-grüne Verkehrspolitik kritisiert und konsequenterweise die Motion der Grünen und Grünliberalen abgelehnt hat? «Ich jubiliere deswegen nicht», antwortet Roger Tognella (FDP), doch angesichts der Vorlage des Stadtrates und der Mehrheitsverhältnisse im Gemeinderat sei das Ergebnis in der Kommission wenigstens eine tragfähige Lösung. Immerhin seien die Hochpreisgebiete nicht ausgedehnt worden und der Sonntag bleibe gebührenfrei. Ähnlich äussert sich auch CVP-Gemeinderat Markus Hungerbühler, der einst die Motion ebenfalls abgelehnt hat: Immerhin seien der Sonntag und die Gebietsausdehnung verhindert worden. Der Kompromiss sei gelungen, denn beide Seiten mussten Zugeständnisse machen.
Und warum haben die Grünen Zugeständnisse gemacht, die in Verkehrsfragen ja keine Kompromisse mögen? Mit einem breiten Kompromiss könne die Erhöhung der Parkplatzgebühren rascher realisiert werden, antwortet Markus Knauss. Und der Verzicht auf eine Gebietserweiterung schmerze ihn nicht, denn das seien keine für den Verkehr relevanten Zonen mit vielen Parkplätzen.
Derek Richter von der SVP geht auch der Kompromiss des Gemeinderates völlig gegen den Strich – das sei für Automobilisten und Gewerbe immer noch unzumutbar und einzig ideologisch basiert. Wird die SVP das Referendum ergreifen und 3000 Unterschriften gegen den zu erwartenden Entscheid des Gemeinderates sammeln? Noch sei nichts beschlossen, sagt Richter.
Hier ist künftig mehr Kleingeld gefragt: Parkierte Autos auf dem Zähringerplatz vor der Zentralbibliothek. Foto: Dieter Seeger