Die Aargau-Auswanderer schätzen Kultur und gute Infrastruktur
Weil die Wohnungen grösser und günstiger sind, ziehen viele Zürcher in den Aargau. Die Mieten geben aber nicht immer den Ausschlag, wie das Beispiel des ehemaligen GLP-Gemeinderats Gian von Planta zeigt.
Lorenzo Petrò
Auswanderer Gian von Planta sitzt in Baden noch auf seinen Zügelkisten. Foto: Urs Jaudas
Zürich – Der grünliberale Zürcher Gemeinderat und ehemalige Fraktionspräsident Gian von Planta ist einer der prominentesten Abwanderer. Am 1. Oktober hatte er seinen letzten Tag im Stadtzürcher Parlament. Weil er seinen Wohnsitz nach Baden verlegt hat. Er ist nicht allein: 2013 sind 5988 Personen aus dem Kanton Zürich in den Aargau gezogen. Und nur 4203 in die andere Richtung (TA vom Montag). Die hohen Zürcher Mieten würden den Ausschlag geben, mutmasst man beim Statistischen Amt des Kantons Zürich. Und man weiss, dass es vor allem Familien sind, die es in den Aargau zieht.
So ist es auch bei von Planta. «Wir wären sehr gerne in Höngg geblieben», sagt er. Die Familie habe zwei Jahre lang ein Haus in Höngg oder Wipkingen gesucht, zum Kaufen, weil es Mietwohnungen mit 5,5 oder 6,5 Zimmern dort kaum gibt. Von Planta hat zwei Kinder und denkt an ein drittes. «Da möchten wir für jedes ein Zimmer, und vielleicht noch ein Büro», sagt er.
Am Geld habe es nicht gelegen. Auch in Höngg haben die von Plantas über 3000 Franken für 4,5 Zimmer bezahlt. Doch die wenigen Häuser, die es in der Nähe zu kaufen gab, waren teuer und in schlechtem Zustand. Nun leben sie in Baden in der Nähe der Schwiegereltern.
Und wie lebt es sich im Aargau als Zürcher? Baden sei im Kleinen das, was Zürich für sich in der Welt proklamiere, sagt von Planta: erstaunlich weltoffen, mit ausgezeichneter Infrastruktur und einem guten Kulturangebot. Er weiss, wovon er spricht, denn er hat zehn Jahre in Baden gearbeitet. Und jetzt, wo er da wohnt, will er nicht weiter nach Zürich pendeln – in Lenzburg hat von Planta eine neue Arbeit im Energiebereich gefunden. Im Aargau will er sich dereinst auch politisch engagieren. Kontakte zur GLP Aargau sind bereits geknüpft.
1000 Franken weniger im Monat
Dass Baden für Zuzüger aus Zürich äusserst attraktiv ist, freut Nicole Wanner vom Standortmarketing der Stadt Baden. «Wir haben sehr viel zu bieten auf engem Raum», sagt sie. Sei es aufgrund des vielfältigen Kultur- und Freizeitangebotes, der Infrastruktur oder der Anbindung an den Grossraum Zürich. Auf der Liste der 100 attraktivsten Schweizer Gemeinden der «Weltwoche» liegen Zürich und Baden denn auch wenig überraschend nah beieinander: Auf Platz 59 und 57. Was Baden an Reichtum gegenüber dem Zürcher Finanzplatz fehlt, macht es beim Arbeitsmarkt wett.
Ariane Nicoletti profitiert davon, sie arbeitet als Werberin in Baden. Auch sie hat es nach einem Jahr in Schlieren wieder zurück in den Aargau gezogen. Zusammen mit ihrem Mann wohnt die 33-Jährige nun in Turgi, wo sie aufgewachsen ist, wenige Kilometer von Baden entfernt. In einer 4,5-Zimmer-Wohnung mit grosser Terrasse, die in einem Zürcher Quartier mindestens 1000 Franken im Monat mehr kosten würde. «Man muss sich schon fragen, ob man mit diesem Geld nicht lieber hin und wieder nach Zürich fährt, wenn man mal will.»
Tiefer hinein in den Aargau zu ziehen als nach Turgi, das wäre für Nicoletti aber nicht infrage gekommen. Die Nähe zur Stadt Baden ist ihr wichtig. Sie mag die sympathische Kleinstadt sehr. «Es hat viele Restaurants, ein grosses Kulturangebot, und man hat gute Verbindungen nach Zürich und zum Flughafen, wenn man etwas Spezielles Einkaufen oder verreisen will.»
«Baden ist im Kleinen das, was Zürich für sich in der Welt proklamiert: erstaunlich weltoffen.» Gian von Planta