Atomausstieg light?
Per 1. Januar 2015 werden die Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt Zürich mit atomstromfreier Energie versorgt. Zwar kann man die Herkunft des Stroms, der aus der Steckdose kommt, nicht erkennen, die Stadt Zürich garantiert jedoch, dass die Menge Strom welche an Stadtzürcher Haushalte geht, ökologisch produziert wird.
Atomstrom für Grosskunden
Ist das ewz damit aus dem Kernenergie-Geschäft ausgestiegen? Nein, keineswegs, denn das ewz produziert weiterhin Atomstrom über ihre Beteiligungen an je zwei Kernkraftwerken in Frankreich und in der Schweiz. Diesen Strom verkauft sie an Grosskunden der Stadt Zürich und der ganzen Schweiz. Dass die Produktion von Atomstrom mit hohen Risiken einhergeht, haben uns die Katastrophen in Tschernobyl und in Fukushima gezeigt. Solche Katastrophen sind selten, haben aber dermassen extreme Auswirkungen, dass ein Ausstieg aus dieser Technologie zwingend ist. Obwohl heute fast alles versicherbar ist; eine Versicherung für Atomstrom ist nicht zu haben. Zum Glück ist heute ein Leben ohne Atomstrom möglich, da es günstige, klimafreundliche Alternativen gibt. Windstrom an guten Standorten ist heute bereits billiger als Atomstrom, der seine Kosten nicht deckt. Das Potenzial von Wasserkraft ist noch nicht ausgeschöpft, und die Fotovoltaik erreicht soeben «grid parity», das heisst, selbst produzierter Sonnenstrom ist gleich teuer wie vom Netz bezogener Strom und dessen Netzkosten.
Motion will definitiven Ausstieg
Je älter technische Anlagen sind, desto anfälliger werden sie für Störungen. Es scheint deshalb nur angebracht, dass das ewz und damit die Stadt Zürich als dessen Besitzerin sich für einen definitiven Ausstieg aus der Kernenergie einsetzt. Eine Motion der Grünliberalen, der Grünen und der SP fordert genau dies. Sie will, dass die Stadt Zürich bis ins Jahr 2034 keine Beteiligungen an Kernkraftwerken mehr hält. 2034 ist das Jahr, in dem Leibstadt, das neuste Kernkraftwerk, das Betriebsalter von 50 Jahren erreicht. Bis 2034 sind es noch 20 Jahre. Genügend Zeit für einen geordneten Ausstieg. In erster Linie soll die Stadt bei ihren Beteiligungen auf eine Stilllegung der betagten Kernkraftwerke hinwirken. Sollten Verlängerungen der Betriebsbewilligungen, wie sie sich zum Beispiel bei den französischen Kernkraftwerken abzeichnen, ein Abschalten der Kernkraftwerke weiter hinauszögern, so soll die Stadt ihre Beteiligungen verkaufen. Mit einem Verkauf der Beteiligungen besteht zwar weiterhin das Risiko eines Zwischenfalls, es ist aber richtig, wenn die Stadt in Zukunft auf Atomstrom verzichtet. Würden alle so verantwortlich handeln, so würde der Absatz von Atomstrom je länger, desto kleiner. Damit sänke auch die Atomstrom-Produktion, wodurch sich kostspielige Verlängerungen der Betriebslaufzeit finanziell immer weniger lohnen würden. So wie dies zum Beispiel gerade beim Kernkraftwerk Mühleberg geschehen ist.
Spätere Generationen zahlen
Unsere Verantwortung bleibt aber auch nach dem Ausstieg aus der Kernenergie bestehen. Jahrzehntelang haben wir von dieser günstigen Energie profitiert. Kosten, die während der Stilllegung und Entsorgung der Kernkraftwerke und des atomaren Abfalles anfallen und nicht gedeckt sind, werden auch noch Generationen später auf uns zurückfallen.