Baden soll ein eigenes «Bellevue» bekommen
Gian von Planta (GLP) und Jonas Fricker (Grüne) fordern Limmattalbahn bis nach Untersiggenthal und eine Tramlinie nach Oberrohrdorf. Mittelpunkt – und damit ein «Bellevue» mitten im Aargau – soll der Schulhausplatz in Baden werden.
GLP-Nationalratskandidat Gian von Planta und Jonas Fricker (Präsident der Grünen Aargau und Badener Einwohnerrat), der ebenfalls für den Nationalrat kandidiert, stehen vor der Baustelle des Schulhausplatzes und diskutieren darüber, dass die Verbesserungen, die der Umbau bringen wird, sehr bescheiden seien angesichts der 100 Millionen Franken, die investiert würden.
Die Szene stammt aus dem gemeinsamen Youtube-Video, das die beiden Politiker diese Woche veröffentlicht haben. Die Schlossruine Stein ziert den Hintergrund, das Bild wackelt ein wenig. Nach zehn Sekunden sagt der Ex-Zürcher Gemeinderat und Wahl-Badener Planta: «Hier könnte doch das ‚Bellevue‘ von Baden entstehen.»
Die beiden Politiker fordern, dass die Limmattalbahn von Killwangen weiter via Neuenhof nach Baden und Untersiggenthal führt und eine Tramlinie von Wettingen über die Hochbrücke durch Baden nach Fislisbach bis Nieder- und Oberrohrdorf.
Die beiden Linien sollen sich auf dem Schulhausplatz kreuzen, wie die Tramlinien am bekannten Zürcher Bellevue-Platz. Im Video zeichnen sie auf einer Karte die mögliche Linienführung ein.
Nicht bloss Wahlkampf
Da der Schulhausplatz bereits im Umbau ist, kommt die Forderung einige Jahre zu spät, aber zwei Wochen vor den Wahlen genau richtig für den Endspurt im Wahlkampf.
Darauf angesprochen, sagt Fricker, es sei sicher ein guter Zeitpunkt, um sich bei grösseren Sachthemen wie Verkehr und Raumplanung zu positionieren. «Die Aufmerksamkeit der Leute ist grösser während des Wahlkampfs, weil sie sich mit den Kandidaten auseinandersetzen.»
Es sei aber nicht nur ein Lippenbekenntnis: «Als Umweltwissenschafter habe ich mich schon immer für die Themen Siedlung und Verkehr interessiert und werde mich auch nach dem Wahlkampf für die Idee einsetzen.» Ihm sei aber bewusst, dass es eine visionäre Forderung ist.
Auch Planta macht keinen Hehl daraus, dass man sich im Wahlkampf mit Themen gut präsentieren könne und solle. Doch für ihn ist die Limmattalbahn quasi eine Herzensangelegenheit, ist er doch in Oetwil (ZH) im Limmattal aufgewachsen.
Von Planta wirkt in der Allianz Pro Limmattalbahn mit. Bereits im vergangenen Februar, als er seine Kandidatur für den Nationalrat bekannt gegeben hatte, antwortete er auf die Frage, was denn auf seiner Nationalrats-Prioritätenliste stehen werde: «Das Projekt Limmattalbahn.
Denn in Zürich habe ich gesehen, wie sehr sich eine Tram- oder S-Bahnverbindung positiv auf die Wirtschafts- und Wohnsituation in einem Gebiet auswirken kann.» Studien würden auch zeigen, dass Trams mehr Transportkapazität haben als Busse und die Leute lieber Tram fahren würden.
Fricker räumt ein, dass eine Tramlinie auf bereits bestehenden Strassen geführt werden müsste. «Aber wer auf ein Auto angewiesen ist, profitiert ebenfalls, weil weniger Autos auf der Strasse sind und damit weniger Stau entsteht.»
Für beide Politiker ist klar: «Der neue Schulhausplatz wird angesichts der Bevölkerungsprognosen das Verkehrsproblem nicht lösen.» Planta ergänzt: «Unsere Forderung soll nicht morgen umgesetzt werden, aber unsere Vision muss jetzt in die Planung des künftigen öVs einfliessen.»
«Bellevue» als Familienprojekt
Und wer würde die Zeche zahlen? Planta: «An der Finanzierung würden sich in erster Linie Bund und Kanton im Rahmen der Agglomerationsprogramme beteiligen.» Daher sei es wichtig, dass die Vision «Bellevue» auch im Grossen Rat Gehör fände.
Mit der grünen Grossrätin Kathrin Fricker haben die beiden nicht nur parteipolitisch eine Verbündete. Sie gehört auch zur Familie, ist sie doch Plantas Schwägerin und Frickers Cousine. Auch Plantas Frau ist Frickers Cousine.
Bei all der familiären Verbandelung will es fast den Anschein haben, Plantas und Frickers erklären die Vision «Bellevue» zur Familiensache. «Sicher ist es ein Vorteil, da Jonas und Kathrin gut vernetzt sind, das macht die politische Arbeit einfacher», sagt Planta, der erst vor einem Jahr nach Baden gezogen ist.
Trotzdem ist es ungewohnt, dass ausgerechnet während des Wahlkampfs überparteiliche Allianzen geschlossen werden. Dazu sagt Planta, wolle man etwas erreichen, müsse man über die Parteigrenzen hinweg zusammenarbeiten.