700’000 Franken für einen Händedruck mit dem Papst? AZ

700’000 Franken für einen Händedruck mit dem Papst? Ein Grünliberaler hat Fragen

Der Aargau war am Wochenende Gastkanton am Sacco di Roma, nachdem er 700’000 Franken für den Neubau der Schweizergardisten-Kaserne gespendet hat. Das stört GLP-Fraktionschef Gian von Planta.

Am Wochenende gehörte der Vatikan ein bisschen dem Aargau. Er war Gastkanton am «Sacco di Roma», dem Gedenkanlass für den 6. Mai 1527, als die Schweizergardisten den Papst unter Einsatz ihres Lebens verteidigt hatten. Für die Feierlichkeiten reiste eine Delegation geladener Gäste aus dem Aargau nach Rom. Höhepunkte waren unter anderem die Vereidigung der neuen Gardisten sowie eine Audienz bei Papst Franziskus am Samstag.

Ein von der AZ dazu veröffentlichtes Bild zeigt Landstatthalter Markus Dieth beim Händeschütteln mit dem Oberhaupt der katholischen Kirche. Landammann Jean-Pierre Gallati steht daneben, hinter Dieth ist Grossratspräsident Lukas Pfisterer zu sehen.

Gian von Planta, Fraktionschef der Grünliberalen im Grossen Rat, hat das Bild auf Twitter geteilt. «CHF 700’000 für einen Händedruck mit dem Papst?», schreibt er dazu.

Luzern hat Spende abgelehnt

Hintergrund ist, dass der Aargau im letzten Jahr 700’000 Franken aus dem Swisslosfonds für die neue Kaserne der Schweizergarde in Rom gespendet hat. Der Kanton war damit ein wichtiger Geldgeber, aus dem benachbarten Solothurn etwa wurden nur 50’000 Franken gesprochen, in Luzern lehnte es das Stimmvolk ab, die vorgesehenen 400’000 Franken beizusteuern.

«Meine Aussage auf Twitter ist natürlich sehr zugespitzt», sagt Gian von Planta auf Anfrage. Es entstehe jedoch tatsächlich der Eindruck, als sei der an die Kaserne gespendete Beitrag das Ticket dafür, Gastkanton am Sacco di Roma sein zu dürfen. Den Grünliberalen stört insgesamt, dass der Regierungsrat 700’000 Franken aus dem Swisslosfonds gesprochen hat. «Es ist viel Geld und kommt aus einem Fonds, der eigentlich für Projekte im Aargau gedacht wäre.»

Er sei der Meinung, dass der Bau einer Kaserne in Rom nichts mit dem Aargau zu tun habe und deshalb auch nicht mit Swisslosfonds-Gelder unterstützt werden soll, so von Planta. In aller Regel seien die Beiträge aus dem Fonds zudem deutlich kleiner, die meisten bewegten sich bei zwischen 2000 und 15’000 Franken, kritisiert er.

Grundsätzlich für Aargauer Vorhaben gedacht

In der kantonalen Verordnung über die Verwendung der Mittel des Swisslosfonds ist festgehalten, dass diese grundsätzlich an Vorhaben im Aargau mit regionaler oder überregionaler Bedeutung errichtet werden. Vorhaben ausserhalb des Kantonsgebiets werden unterstützt, wenn sie für den Aargau oder gesamtschweizerisch von erheblicher Bedeutung sind. Dass dies bei der neuen Kaserne in Rom gegeben ist, bezweifelt von Planta: «Die Schweizergardisten machen ihre Arbeit schliesslich für den Papst.»

Etwas anders sieht das Doris Leuthard, ehemalige Aargauer Bundesrätin. «Die Schweizergarde verkörpert Grundwerte, die in unserer verunsichernden, schnelllebigen Welt wichtiger sind denn je», schreibt sie in der Spendenbroschüre für den Kasernen-Neubau. Leuthard ist Präsidentin des Patronatskomitees.

Mitreden, ob die 700’000 Franken in den Vatikan gespendet werden sollen, konnte der Grosse Rat nicht, die Verteilung der Gelder aus dem Swisslosfonds ist Regierungssache. Allenfalls müsse man dort ansetzen und diese Bestimmungen ändern, sagt von Planta. Er mache sich jetzt entsprechende Gedanken.

Regierungssprecher Peter Buri sagte im letzten Herbst gegenüber dem Regionaljournal von Radio SRF: «Bei der Schweizergarde handelt es sich um eine lebendige kulturhistorische Institution der Schweiz mit einer sehr grossen internationalen Ausstrahlung.» Eine solche Spende sei ohne Volksentscheid möglich, weil der Regierungsrat über die Mittel aus dem Swisslos-Fonds selber entscheiden könne.

Bereits widerlegt ist im Übrigen die These des Grünliberalen, wonach der Kasernen-Beitrag Voraussetzung für den Auftritt in Rom wäre. Schliesslich hat der Landrat in Liestal zum Beitrag über 50’000 Franken Nein gesagt – und Basel-Landschaft ist 2024 trotzdem Gastkanton am Sacco di Roma.
Aargauer Wochenende hat 170’000 Franken gekostet

Für das Wochenende in Rom mit zirka 400 Teilnehmenden hatte der Kanton ein Budget über 170’000 Franken. Davon stammen 30’000 von der römisch-katholischen Kirche des Aargaus. Der mit 65’000 Franken grösste Budget-Posten habe die musikalische Umrahmung gekostet, wie Regierungssprecher Peter Buri sagt. Die Mitglieder des Projektchors der römisch-katholischen Kirche Aargau sowie jene der Musikgesellschaft Hellikon mussten schliesslich nach Rom und wieder zurück gebracht werden.

Am zweitstärksten zu Buche habe die Gastronomie geschlagen. Der Kanton richtete einen Apéro riche für zirka 1200 Personen aus und zwar mit Wein und Spezialitäten aus dem Aargau. Das kostete weitere 45’000 Franken, der Transport der Waren wurde dabei aber von der Firma Planzer gesponsert.

Die Reise und Unterbringung hat der Kanton indes nicht für alle geladenen Gäste übernommen. Nur jenen, die von Amtes wegen am Sacco di Roma teilnahmen, die Regierungsräte und der Grossratspräsident beispielsweise, wurde die Reise bezahlt.

Insgesamt bewege man sich damit im Erwartbaren, sagt Regierungssprecher Buri: «Das Aargauer Budget liegt im Rahmen der vorherigen Gastkantone am Sacco di Roma, beziehungsweise orientierte sich an diesem Rahmen.»

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