AKW Auftrag für RR – harsche Kritik – AZ

AKW-Neubau: SVP und FDP geben der Regierung einen Auftrag – harsche Kritik von links

Soll der Aargauer Regierungsrat Vorkehrungen treffen für den Fall, dass das AKW-Neubauverbot vom Tisch kommt? Diese Frage spaltete den Grossen Rat. Bei der Abstimmung gab es einzelne Abweichler bei Mitte und SVP.

Neues AKW im Aargau: SVP und FDP setzen ein Zeichen

Ist es eine Zwängerei, dass der Bundesrat das AKW-Neubauverbot aufheben will? Auf diesen Vorwurf ging Pascal Furer (SVP) zu Beginn der Debatte im Grossen Rat ein. Und drehte den Spiess um. Eine Zwängerei sei nicht dies, sondern der Volksentscheid von 2017, der erst zum Neubauverbot geführt habe.

Über diese Aussage schieden sich die Geister ebenso wie über die Motion, die Furer am Rednerpult vertrat. Die SVP-Fraktion hatte mit ihr den schnellstmöglichen Neubau eines Atomkraftwerks im Aargau gefordert. AKW-Betreiberin Axpo will Beznau in sieben bis acht Jahren vom Netz nehmen.

Pascsal Furer (SVP).

Pascsal Furer (SVP).

Bild: Chris Iseli

Der Regierungsrat ist nicht per se gegen den Neubau eines AKW. Allerdings schrieb er in seiner Antwort, dass die Kompetenzen beim Bund liegen. Er will die Entwicklungen dort abwarten.

Die SVP begnügte sich mit dieser Antwort keineswegs. Furer änderte die Forderung der Motion: Der Regierungsrat solle die in seiner Macht stehenden Vorkehrungen treffen, damit – nach Aufhebung des Neubauverbots – ein neues AKW im Aargau möglichst rasch ans Stromnetz gehen kann.

Zeit reicht nicht, um Stromlücke zu schliessen

Damit kam eine längere Debatte mit harscher Kritik in Gang. Den Anfang machte Gian von Planta von der GLP. «Wer auf AKW setzt, will im Grunde die Energiestrategie sabotieren und weiterhin auf importierte fossile Energien setzen», sagte er. Und damit gegen den Ausbau erneuerbarer Heizungen, die Elektromobilität oder den Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Darüber hinaus reiche die Zeit für einen Neubau nicht, um die Stromlücke zu schliessen.

Gian von Planta (GLP).

Gian von Planta (GLP).

Bild: Dlovan Shaheri

Auch die Grünen lehnen die Überweisung der Motion geschlossen ab. Die Motion produziere Leerlauf in der Verwaltung, kritisierte Andreas Fischer Bargetzi. Wie von Planta warnte er vor «aus dem Ruder laufenden Kosten» wie bei den AKW-Neubauprojekten in England, Finnland und Frankreich und sprach von «Milliardengräben». «Jede Minute, jeder Franken, die wir in dieser Sache investieren, ist verloren.»

Die beiden griffen zu den gängigsten Argumenten gegen einen AKW-Neubau, sodass sich Lutz Fischer (EVP) und Martin Brügger (SP) kurz fassten und auf ihre Vorredner verwiesen.

Der Votant mit den nüchternsten Worten

Die Mitte stellte sich hinter die Position des Regierungsrats. Und verwies mit Blick auf die Forschungen in der Kernenergie auf die Technologieoffenheit als wichtiges Mittel zum Zweck, wie Alfons Kaufmann sagte. Es bestehe zurzeit kein Handlungsspielraum auf Kantonsebene. Daran werde sich mit dem angepassten Motionstext nichts ändern. Kaufmann wählte von allen Votanten die nüchternsten Worte.

Adrian Meier (FDP) machte sich hingegen für die Kernkraft stark, weil sie Bandenergie und für das Erreichen der weltweiten Klimaziele wichtig sei. Er warnte vor der Gefahr einer Strommangellage im Winter. Diese sei nicht gebannt, der Schaden wäre verheerend. Meier fragt auch: Wenn niemand ein Kernkraftwerk finanzieren wolle, wie Gegner vorbringen, was spreche dann gegen die Aufhebung des Neubauverbots?

Adrian Meier (FDP).

Adrian Meier (FDP).

Bild: Britta Gut

Mitte-Grossrat mit Warnfinger zur Ukraine

Ein neues Argument brachte Harry Lütolf (Mitte) als Einzelvotant ein. «Das wichtigste Argument ist die Sicherheit», sagt er. «Schaut in die Ukraine. Jeden Tag besteht dort das Risiko, dass eine Bombe ins AKW Saporischschja fliegt, die jeden Beton knacken kann.» Lütolf warnt aber auch davor, dass die AKW Leibstadt oder Gösgen bei einem kriegerischen Ereignis, dem Einschlag einer Fernlenkwaffe, nicht standhalten würden.

Harry Lütolf (Mitte).

Harry Lütolf (Mitte).

Bild: Raphaël Dupain

Zum Abschluss der Debatte trat Pascal Furer nochmals ans Rednerpult: «Gebt das Zeichen, dass der Aargau bereit ist», sagte er. Die Abstimmung fiel mit 72 Ja zu 63 Nein, bei 5 Abwesenden, nach seinem Gusto aus. Die Motion wird damit überwiesen.

Abweichler bei Mitte und SVP

Von der Mitte stimmten der Motion Daniele Mezzi, Monika Baumgartner und Philipp Laube zu. Baumgartner und Laube wohnen im Zurzibiet, wo der Rückhalt zu den AKWs Beznau und Leibstadt gross ist. Von der SVP-Linie wich einzig Emanuel Suter aus Gipf-Oberfrick ab. Auf Anfrage schreibt er: «Für mich ist die Entsorgung des Atommülls nicht geklärt. Wir sollten kommenden Generationen nicht Unmengen von Atommüll hinterlassen, nur um selber genügend Strom zu haben.»

Deshalb sei er auch Mitglied des Vereins Kein Atommüll im Bözberg, was er stets deklariert habe. «Ich kann aber auch die Argumente der Befürworter sehr gut nachvollziehen, denn die Energiestrategie ist nicht durchdacht. Ich kann auch jeden verstehen, der sich aus Gründen der Versorgungssicherheit für die Kernenergie ausspricht.»

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