Politik will AEW einbremsen – AZ

Politik will AEW einbremsen: Der kantonale Stromversorger soll sich nicht mehr an privaten Firmen beteiligen dürfen

Soll der kantonale Energieversorger auch Generalunternehmer bei der Gebäudeautomation, Mitbesitzer eines digitalen Strommarktplatzes oder Betreiber einer Carsharing-Firma sein? Nein, finden mehrere bürgerliche Grossräte – sie wollen Beteiligungen der AEW Energie AG an privaten Firmen einen Riegel schieben.

Die AEW Energie AG soll nur Leistungen im Infrastrukturbereich erbringen, die direkt der Energieproduktion und Verteilung dienen: Das fordern Grossräte von Grünliberalen, FDP, SVP, EVP und Mitte in einem neuen Vorstoss im Kantonsparlament. Sprecher Gian von Planta (GLP) und seine Mitstreiter wollen damit verhindern, dass der Stromversorger, der vollständig im Besitz des Kantons ist, sich weiterhin an privaten Firmen beteiligen oder diese gar übernehmen darf.

«Die AEW Energie AG hat in den letzten Jahren nebst der Stromproduktion und Verteilung in neue Angebote investiert und sich zusätzlich an Firmen beteiligt, die Dienstleistungen erbringen, die auch von Privaten erbracht werden», schreiben die Grossräte. Als Beispiele nennen sie Virtual Global Trading (digitaler Handelsplatz für Strom, März 2021), Azowo (vernetzte Mobilität, September 2022), Partino Mobile Energie (Lösungen für Elektromobilität, November 2023) und GA Werkstatt.ch (Gebäudeautomation, Dezember 2023).

AEW soll Privatwirtschaft nicht konkurrenzieren

Die letzte Beteiligung löste Kritik von bürgerlichen Politikern aus: FDP-Nationalrat Matthias Jauslin sprach von «Machenschaften der AEW» und sagte, die Geschäftsleitung sei zurückzupfeifen. Sich in Geschäftsfeldern der Privatwirtschaft zu engagieren, sei nicht Aufgabe der AEW, der Regierungsrat müsse die Eignerstrategie überdenken, so Jauslin. Benjamin Giezendanner, SVP-Nationalrat und Präsident des Aargauischen Gewerbeverbands, findet es stossend, dass Staatsunternehmen auf «Shopping-Tour» bei privaten Betrieben gingen.

Der neue Vorstoss verlangt vom Regierungsrat, Dekret und Eigentümerstrategie so anzupassen, «dass die AEW Energie AG Firmen aus der Privatwirtschaft nicht konkurrenziert und sich auf Aufgaben konzentriert, die ihr von Gesetzes wegen zugedacht wurden und nur mit einem langfristigen Investitionshorizont geleistet werden können». Die Übernahme von Dienstleistungen für andere Elektrizitätswerke oder Gemeinden sowie das «Solarstrom- und Anlagencontracting» (Erstellung, Erneuerung, Unterhalt und Betrieb elektrischer Anlagen sowie der Bau von PV-Analgen für die Netzeinspeisung) wären weiterhin zulässig.

Kritik auch an neuester AEW-Kooperation

Genau eine Woche nachdem der Vorstoss im Grossen Rat eingereicht wurde, wird eine neue Kooperation bekannt. Die AEW und der in der Region Aarau tätige Energieversorger Eniwa haben die Carsharing-Firma «Swiss E-Car AG» gegründet und beteiligen sich zu je 50 Prozent daran. AEW und Eniwa arbeiten seit vier Jahren im Bereich der E-Mobilität zusammen. Heute stehen gemäss Mitteilung 59 E-Carsharing-Autos in fünf Kantonen zur Verfügung. Über 4200 Personen sind bereits registriert.

Das neue Unternehmen, das eine rein elektrische Fahrzeugflotte anbietet, sieht den Ausbau des Angebots auf die gesamte Schweiz vor. CEO Arian Rohs wird wie folgt zitiert: «Die steigende Nachfrage nach fortschrittlicher und ressourcenschonender Mobilität wird die Entwicklung von E-Carsharing beschleunigen. Swiss E-Car AG stellt in Kooperation mit Gemeinden, Unternehmen und Verwaltungen von Wohnüberbauungen ein attraktives und nachhaltiges E-Mobilitätskonzept zur Verfügung.»

GLP-Grossrat Gian von Planta ist von dieser Neugründung wenig begeistert. Er schreibt auf X (früher Twitter): «Sorry, aber auch das ist nicht Aufgabe eines staatlichen Verteilnetzbetreibers und Stromproduzenten.»

AEW äussert sich nicht, Regierungsantwort steht noch aus

Yvonne Kohler, Mediensprecherin der AEW Energie AG, teilt auf Anfrage zu Firmenbeteiligungen mit: «Diese Fragen betreffen die Eigentümerstrategie, an die wir uns konsequent halten.» Deshalb äussert sich das Unternehmen nicht und verweist auf die Antwort des Regierungsrats zum Vorstoss im Parlament. Diese steht noch aus, für ihre Stellungnahme zur AEW-Motion hat die Regierung drei Monate Zeit.

Zur umstrittenen Beteiligung an der Gebäudeautomationsfirma GA sagte AEW-Chef Marc Ritter im Dezember: «Mit der Beteiligung wollen wir nicht in direkte Konkurrenz treten, sondern als General- bzw. Totalunternehmen einen Platz für neue Geschäftsfelder finden.» Die meisten Investitionen gingen bei der AEW nach wie vor in das Kerngeschäft, die Netzinfrastruktur und die Eigenproduktion.

Als die Innerschweizer CKW vor zwei Jahren mehrere Installationsfirmen im Aargau übernahm, sagte Energiedirektor Stephan Attiger: «Die Stromproduzenten müssen ihre Produktion am freien Markt absetzen, rentabel sein und den Unternehmenswert erhalten oder steigern. Dies bedingt marktfähige Strukturen, was eine Diversifikation notwendig macht – auch in Richtung eines vollumfänglichen Dienstleistungsangebots und damit hin zu den Endkunden.»

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