Kritiker will Ortsbürger werden – AZ

Verwunderung wegen Gian von Planta: Einst forderte er die Abschaffung der Ortsbürger, nun will er selber einer werden

Noch vor zwei Jahren sprach GLP-Grossrat Gian von Planta der Badener Ortsbürgergemeinde die demokratische Legitimierung ab und forderte die Fusion mit der Einwohnergemeinde. Das sind die Beweggründe des langjährigen Einwohnerrats.

An der Ortsbürgergemeindeversammlung vom 17. Juni im Waldgasthaus Baldegg wollen insgesamt 13 Einwohnerinnen und Einwohner das Bürgerrecht von Baden erwerben. Ein Name auf der Liste der Antragstellenden überrascht: Der grünliberale Grossrat und langjährige Einwohnerrat Gian von Planta möchte mitsamt seiner Frau und den zwei Töchtern Ortsbürger werden. Die Familie wohnt seit 2014 in Rütihof.

Bei den Ortsbürgern sorgt dieses Interesse für Verwunderung und Kopfschütteln. «Es erstaunt mich doch sehr, dass nun auch Herr von Plantas Name auf der Liste auftaucht», wundert sich Ortsbürger Martin Boesch aus Dättwil in einem Schreiben an das Badener Tagblatt. Schliesslich ist es noch nicht lange her, dass von Planta indirekt die Abschaffung der Badener Ortsbürgergemeinde forderte.

Die Existenz dieser Vereinigung führe zu einer Zweiklassengesellschaft in der Stadt, nur ein kleiner Teil der Bevölkerung könne wichtige Entscheidungen treffen, schrieb von Planta in einer Anfrage vom 1. Juli 2022 an den Badener Stadtrat.

Auch drei Stadträte sind seit kurzem Ortsbürger

Schon die Entstehung der Ortsbürgergemeinde vor rund 200 Jahren habe wenig mit Demokratie zu tun gehabt, «vielmehr mit der Erhaltung von Privilegien, die nicht mit allen Einwohnern geteilt werden sollen». Eine breite demokratische Legitimierung der Ortsbürgergemeinde fehle deshalb komplett, folgerte der Politiker und bat den Stadtrat, eine Fusion mit der Einwohnergemeinde Baden zu prüfen. Damit könne man auch in administrativen Dingen Synergien schaffen.

Die Antwort der Exekutive wurde an der Einwohnerratssitzung vom 24. Oktober 2023 behandelt, der Vorstoss abgelehnt. Nur einen Monat später wollten so viele Badenerinnen und Badener wie noch nie das Ortsbürgerrecht erlangen. Darunter waren auch drei Stadträte: Stadtammann Markus Schneider (Mitte), Stadträtin Steffi Kessler (SP) und Stadtrat Philippe Ramseier (FDP). Alle drei wurden in den «erlauchten Kreis» aufgenommen.

Gian von Planta möchte nun ebenfalls dazugehören. Doch woher sein plötzlicher Sinneswandel? Von Planta nennt mehrere Gründe. Er möchte dort, wo er lebe, mitbestimmen, ist einer davon. Ein anderer: Ihm sei gesagt worden, wie sinnstiftend die Ortsbürger seien, «und da bin ich mal neugierig».

Er erhoffe sich ausserdem einen vertieften Einblick in die Organisation der Institution und Antworten auf verschiedene Fragen: «Wie demokratisch sind die Prozesse? Wer bestimmt? Wie werden Entscheide vorbereitet? Ich bin nach wie vor kritisch eingestellt und sehe noch keinen Vorteil in dieser Parallelstruktur, dafür einige Nachteile», so von Planta weiter. Gerne lasse er sich jedoch vom Gegenteil überzeugen.

Fusionsgedanke ist noch nicht abgehakt

Eine Fusion mit der Einwohnergemeinde hat er offensichtlich noch keineswegs abgehakt: «Mir wurde gesagt, dass dafür auch die Zustimmung der Ortsbürger nötig sei und dass das schwierig sei. Also braucht es auch vorausschauende Ortsbürgerinnen und Ortsbürger – Personen, die für eine Fusion stimmen.»

In der Geschichte der Badener Ortsbürger wurde das Bürgerrecht noch nie jemandem verweigert, der die Aufnahmekriterien erfüllte. Gemäss Paragraf 2 des Reglements über den Erwerb des Ortsbürgerrechts von Baden müssen Interessenten unter anderem das Badener Bürgerrecht besitzen, nicht schwerwiegend mit dem Strafgesetz in Konflikt geraten sein, ihren finanziellen Verpflichtungen nachkommen, seit insgesamt fünf Jahren Wohnsitz in Baden haben und sprachlich gut in die lokalen Verhältnisse eingegliedert sein.

«Viele dieser Punkte wurden ja im Rahmen der Erteilung des Bürgerrechts für die Stadt Baden bereits vorgängig geprüft», so Gian von Planta, der seit Anfang Jahr Stadtbürger ist. Er sei deshalb zuversichtlich, dass auch er im Kreis der Ortsbürger Aufnahme finden wird.

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