Verkehrssteuer soll Schadstoffausstoss berücksichtigen – Tele M1 & AZ

Neue Kriterien: Aargauer Regierung lanciert Debatte über Verkehrssteuer

Nach 50 Jahren ist die Motorfahrzeugabgabe im Aargau in die Jahre gekommen und soll darum durch ein Verkehrssteuergesetz ersetzt werden. Neu soll nicht nur die Grösse des Motors entscheidend sein, sondern auch Gewicht und Leistung des Fahrzeugs. Ausserdem, das dürfte am meisten für Zündstoff sorgen, sollen klimafreundliche Autos bevorzugt werden:
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Ökologische Verkehrssteuer im Aargau: FDP und Verkehrskonferenz kritisieren Subventionen für E-Autos, Grünen und SP geht die Reform zu wenig weit

Neu wird die Verkehrssteuer nach Gewicht und Leistung berechnet, für E-Autos gibt es Abzüge und sechs Jahre lang einen Rabatt. Dieser Vorschlag der Regierung kommt bei Parteien und Verbänden sehr unterschiedlich an – ganz zufrieden ist gemäss ersten Reaktionen niemand.

Fabian Hägler

«Ganz generell finde ich den Ansatz gut, dass man Fahrzeuge nach Gewicht und Leistung besteuert und damit nicht grundsätzlich schon einzelne Antriebsarten begünstigt oder benachteiligt.» Das sagt Stefan Huwyler, Präsident der Aargauischen Verkehrskonferenz, in der unter anderem die Automobil- und Nutzfahrzeugverbände ACS, TCS und Astag vertreten sind.

«Was aus meiner Sicht aber nicht geht: Mehrere Jahre lang E-Autos mit Rabatten zu entlasten, die zugleich mit Zuschlägen für die Verbrenner kompensiert werden.» Die Details des neuen Gesetzes müsse er noch anschauen, «aber eine solche Quersubventionierung ist nicht akzeptabel, das lehne ich klar ab», sagt der Verkehrspolitiker.

«Umstieg auf E-Autos braucht keine staatliche Unterstützung»

Der Umstieg auf Elektroautos finde von alleine statt, das brauche keine staatliche Förderung. Die Fahrer von benzin- oder dieselbetriebenen Autos seien durch hohe Treibstoffpreise ohnehin benachteiligt. «Zudem haben wir tendenziell Stromknappheit, deshalb finde ich es auch im Sinn einer energiepolitischen Gesamtbetrachtung falsch, die E-Mobilität noch zusätzlich zu forcieren», sagt Huwyler.

Ähnlich äussert sich Adrian Meier, bei der FDP im Grossen Rat für das Verkehrsdossier verantwortlich. Wir sind nicht grundsätzlich gegen das neue Gesetz, aber Höhe und Dauer der Rabatte für E-Autos muss genau geprüft werden. Dass der Kanton die neue Verkehrssteuer saldoneutral umsetzen wolle, sei zu begrüssen, sagt Meier. «Unschön ist aber, dass die Besitzer von Verbrennerfahrzeugen einen Zuschlag zahlen müssen.»

Grüne wollen Kilometer pro Jahr und Autobreite einrechnen

Ganz anders fällt die erste Reaktion der Grünen aus, die von Grossrat und VCS-Aargau-Geschäftsführer Christian Keller kommt. Im Vorschlag der Regierung seien wesentliche Parameter einer ökologischen Steuerreform nicht berücksichtigt, kritisiert er. Die Grünen verlangen, dass auch die Fahrleistung – also die zurückgelegten Kilometer pro Jahr – und die Breite der Autos in die Berechnung einfliesst.

Heute würden Vielfahrer gleich besteuert wie Leute, die ihr Fahrzeug selten benutzten, argumentiert Keller. Und die immer breiter werdenden Autos sorgten für höhere Infrastrukturkosten, «mit der adipösen Fahrzeugentwicklung» müssten auch die Strassen breiter werden.

SP will den Individualverkehr generell reduzieren

Auch die SP sieht die gefahrenen Kilometer als möglichen Faktor für die Berechnung, sie hält die Kombination aus Gewicht und Leistung aber für einen gangbaren Weg. «Es gilt, die Ziele der Klimapolitik konsequent zu unterstützen: Dekarbonisierung, Reduktion der CO2-Emissionen und des Energieverbrauchs», sagt Grossrat und SP-Co-Präsident Stefan Dietrich.

Einen Anreiz zum Kauf klimafreundlicher Fahrzeuge zu schaffen, ist für die SP fragwürdig. Dass die ökologische Tarifanpassung nur befristet gelten soll, müsse auch hinterfragt werden. «Ziel muss es sein, den Individualverkehr generell zu reduzieren und den öffentlichen Verkehr konsequent und besser zu fördern», sagt Grossrat Martin Brügger.

Grünliberale fordern Besteuerung auch nach Schadstoffausstoss

Gian von Planta, GLP.

Gian von Planta, GLP.

Bild: zvg/Aargauer Zeitung

Die GLP ist damit einverstanden, dass ein Teil der Verkehrssteuer auf dem Gewicht beruhen soll. Der zweite Teil der Steuer soll laut Fraktionschef Gian von Planta aber Schadstoffausstoss, also von Antriebsart und Motorenleistung abhängig sein. Insbesondere Schwefeldioxide aus Verbrennungsmotoren führten in Brücken und Tunnels zu hohen Sanierungskosten, schreibt die GLP.

Stickoxide und Feinstaub lösten Gesundheitsschäden bei Menschen aus und CO2 beschleunige den Klimawandel. Wenn von Verursachergerechtigkeit gesprochen werde, müssten diese Kosten berücksichtigt werden. «Damit ist auch eine spezifische Förderung der Elektromobilität nicht notwendig», findet die GLP.

Mitte will dauerhaft höheren Abzug für klimafreundliche Autos

Die Mitte begrüsst den Ansatz mit Gewicht und Leistung als Grundlagen für die Verkehrssteuer und unterstützt die technologieneutrale Umsetzung. Nicht begeistert ist die Partei, wie Klimaziele und Dekarbonisierung erreicht werden sollen. «Ein Rabattsystem zur Förderung klimafreundlicher Technologien, das nach sechs Jahren ausläuft, ist nicht nachhaltig», so Fraktionspräsident Alfons Paul Kaufmann.

Zu begrüssen wäre «ein permanent höherer Abzug für klimafreundliche Fahrzeuge bei gleichzeitiger leichter Anhebung der Grundtarife». Damit wäre die Ertragsneutralität weiter gesichert, erläutert Kaufmann. Und wenn sich die Zahl der E-Autos im Lauf der Zeit erhöhe, was die Mitte für wahrscheinlich hält, könne der Grosse Rat den Grundtarif entsprechend anpassen.

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