Mehr als 50 Axpo-Angestellte mit Millionenbonus? AZ
Die hohen Bezüge der Geschäftsleitung – bei CEO Christoph Brand sind es gut 1,8 Millionen Franken – kommen bei den Axpo-Besitzerkantonen nicht gut an. So will die Aargauer Politik die Vergütungen deckeln, obwohl der Chef gar nicht am meisten verdient. Stromhändler sollen bei Axpo auf Boni von 9 Millionen Franken kommen.
Gian von Planta arbeitet seit 2002 im Energiebereich. Bis 2011 bei Alstom in Baden im Kraftwerksbau, dann beim Fachverband der Wasser-, Gas- und Wärmeversorger, von Januar 2015 bis April 2023 bei der SWL Energie AG in Lenzburg als Mitglied der Geschäftsleitung. Inzwischen ist von Planta, der für die GLP im Grossen Rat sitzt, Geschäftsführer der Firma Josef Muff AG im Rohrleitungsbau für Wasser- und Energieversorgungssysteme.
«Die Boni der Axpo schlagen gerade hohe Wellen», sagt der Grünliberale, der in der Energiebranche bestens vernetzt ist. Beim grössten Schweizer Stromkonzern, der zu 28 Prozent im Besitz des Kantons Aargau ist, hat CEO Christoph Brand im letzten Geschäftsjahr eine Vergütung von über 1,8 Millionen Franken erhalten. 650’000 Franken davon fallen in die Kategorie «variable Gehälter», sind also Boni.
GLP-Grossrat kritisiert Risiken für Steuerzahler
Es lasse sich darüber streiten, ob diese Saläre für die Geschäftsleitung einer internationalen Grossfirma angemessen seien, sagt von Planta. In der Aargauer Politik ist die Antwort klar: nein. Das findet die Regierung, die wenig Verständnis für die hohen Boni hat, und der Grosse Rat, wo alle Parteien einen Vorstoss für eine Deckelung der Bezüge unterstützen. Auch im Kanton Zürich, dem zweiten Grossaktionär, wird Kritik aus der Politik an den Vergütungen laut.
Doch die Topverdiener des Stromkonzerns sitzen gar nicht in der Geschäftsleitung, es sind die sogenannten Trader. «Was mich noch viel mehr stört, sind die Boni, welche im Handel bezahlt werden», sagt denn auch von Planta. Diese führten direkt dazu, dass hohe Risiken eingegangen würden. «Risiken, die nicht der Händler, sondern der Steuerzahler trägt», weil die Axpo im Besitz der Kantone ist, wie der Grünliberale erklärt.
Kürzlich befasste sich der Finanzblog «Inside Paradeplatz» mit dem Thema und schrieb: «Die obersten Traderchefs der Axpo sollen im abgelaufenen Geschäftsjahr 2023–2024 laut einem Insider 3 bis 5 Millionen verdient haben.» Ein Sprecher des Konzerns sagte gegenüber dem Portal: «Diese Spekulationen können wir nicht bestätigen.» Er hielt weiter fest, die Vergütungen an Mitarbeitende seien marktkonform und branchenüblich, was regelmässig durch interne und externe Prozesse überprüft werde.
Mehr als 50 Axpo-Angestellte mit Millionenbonus?
Zu weiteren Details der Arbeitsverträge und Lohnzahlungen einzelner Mitarbeitenden dürfe die Axpo aus Gründen des Persönlichkeitsrechtes und Persönlichkeitsschutzes keine Auskunft geben. Gian von Planta sagt derweil: «Vereinzelte Boni betrugen bis zu 9 Millionen pro Person.» Er geht davon aus, dass im Geschäftsjahr 2023 über 50 Angestellte der Axpo, meist ohne Führungsfunktion, über 1 Million an Boni erhalten haben. Auch 2024 dürften es laut von Planta mehr als 30 Personen sein.
Der Grossrat hatte schon im August im Parlament einen Vorstoss mit mehreren Fragen zum Stromhandel und den Boni der Trader bei Axpo eingereicht. Er wollte unter anderem wissen, wie gross der gesamte Bonus war, den die Axpo im Handel für das letzte Geschäftsjahr ausbezahlt hat. Weiter fragte der GLP-Politiker, wie hoch die Bonussumme für die fünf bestbezahlten Mitarbeitenden war. Schliesslich verlangte er Angaben dazu, wie gross der höchste ausbezahlte Bonus für Trader war.
Schädigungspotenzial und Geschäftsgeheimnis
Inzwischen liegt die Stellungnahme dazu vor, doch von Planta ist damit nicht zufrieden: «Erwartungsgemäss hat mir der Regierungsrat auf meine Interpellation keine genaue Antwort gegeben.» So schreibt die Regierung zum Beispiel, eine Offenlegung der Bonussumme, welche die Axpo im Handel für das letzte Geschäftsjahr ausbezahlt hat, sei nicht möglich. Dies würde es den Mitarbeitenden der Axpo erlauben, Rückschlüsse zu machen, die Schädigungspotenzial für das Unternehmen hätten.
Ähnlich klingt es bei der Frage nach der Bonussumme der fünf bestbezahlten Mitarbeitenden. Bei derartigen Daten handle es sich um wettbewerbsrelevante Geschäftsgeheimnisse, die Konkurrenten und Headhunter allenfalls in Erfahrung bringen und so Vorteile im Abwerben von Schlüsselpersonen erhalten könnten. Zudem dürfe die Axpo auch aus Gründen des Persönlichkeits- und Datenschutzes keine Auskunft zu Lohnzahlungen für kleine Gruppen von Mitarbeitenden geben.
Bonus von 9 Millionen? Axpo liefert keine Antwort
Auf die Nachfrage der AZ, ob es bei der Axpo tatsächlich Stromhändler gebe, die einen Bonus von 9 Millionen Franken erhalten, wie dies von Planta sagt, gibt es keine klare Aussage. «Axpo macht keine Angaben zur Grösse des Bonuspools und zu individuellen Bonuszahlungen», teilt Sprecherin Simina Marca mit. Das ist kein Nein, die ausserordentlich hohe Summe bleibt deshalb im Raum stehen.
Im Handelsgeschäft werde ein Teil der ergebnisbezogenen Vergütung direkt und ein Teil zeitverschoben ausbezahlt, ergänzt die Sprecherin. Weiter sagt Marca: «Der direkt ausbezahlte Anteil ist nach oben gedeckelt.» Gleichzeitig seien die Händler über ein spezielles Malus-System auch direkt an einem allfälligen Misserfolg beteiligt. Und der Erhalt von individuellen Bonuszahlungen setze regelkonformes Verhalten voraus.
Stromhandel trägt massiv zum Gewinn bei
Im letzten Jahr erzielte die Axpo mit dem Handel einen Vorsteuergewinn von 1,1 Milliarden Franken, dies bei einem Unternehmensergebnis von gut 1,5 Milliarden. Der Regierungsrat schreibt, mehr als die Hälfte des Gewinns der letzten zehn Jahren stamme aus dem Kunden- und Handelsgeschäft, «in den letzten drei Jahren sogar über 75 Prozent». Der Aufbau des Eigenkapitals von 7,3 Milliarden Franken im Jahr 2020 auf 12,8 Milliarden per 1. Halbjahr 2023/24 wurde zu einem grossen Teil daraus finanziert.
Darüber hinaus liege das bedeutendste Risiko der Axpo nicht im Handel, sondern in der strompreisabhängigen Erzeugung im Schweizer Kraftwerkspark. Dies habe sich vor allem in der Tiefpreiskrise (Mitte 2010er-Jahre) und der Energiekrise (2021/2022) gezeigt. Deshalb habe die Axpo ihr Geschäftsmodell diversifiziert und sei über die Stromproduktion und die Schweiz hinaus aktiv. «Dadurch konnte das Preisrisiko der Schweizer Produktion abgefede
rt werden», schreibt die Regierung.
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