Geldsegen für Baden – AZ

Überraschender Geldsegen: Prognose sieht hervorragendes Finanzjahr 2018 voraus

„Und es zeigt vielleicht auch, dass die Abhängigkeit von den grossen Energiefirmen langsam überwunden ist.“

Die Stadt Baden wird das laufende Finanzjahr 2018 deutlich besser abschliessen als budgetiert: Statt eines Minus von 1,68 Millionen Franken rechnet die Stadt laut neusten Prognosen mit einem Überschuss von 15,5 Millionen Franken.

Veröffentlicht wurde die Prognose als Beilage zum Budget 2019. Dass das operative Ergebnis so viel besser abschliesst als erwartet, hat vor allem zwei Gründe: Erstens die Steuereinnahmen bei den juristischen Personen, die rund 4,2 Millionen höher ausfallen. Und zweitens der Überschuss beim Finanzertrag, der um 13,8 Millionen Franken besser ausfällt.

Dabei handelt es sich um Liegenschaften im Besitze der Stadt, die wie bei Legislaturbeginn üblich neu bewertet wurden und dabei deutlich besser abschnitten als früher. Diese Neubewertungsergebnisse waren nicht budgetiert. Es handelt sich um Liegenschaften des Finanzvermögens, die für den Betrieb nicht zwingend sind; nicht darunter fallen etwa Schulhäuser oder das Stadthaus, jedoch etwa die spätmittelalterlichen Liegenschaften an der Unteren Halde 5 und 7, die saniert wurden.

Ammann: «Erfreulich, aber . . .»

Das voraussichtlich erfreuliche Jahresergebnis ist Wasser auf die Mühlen der Gegner einer Steuererhöhung von fünf Prozentpunkten, über die am 25. November abgestimmt wird. Gian von Planta, Fraktionspräsident GLP: «Die Steuern der Firmen wurden deutlich zu pessimistisch eingeschätzt.

Das zeigt, dass die Stadt in viel besserer Verfassung ist als angenommen und für Firmen wieder attraktiv ist. Und es zeigt vielleicht auch, dass die Abhängigkeit von den grossen Energiefirmen langsam überwunden ist.» Wenn die Steuereinnahmen auch in Zukunft ähnlich hoch bleiben, brauche es definitiv keine Steuerfusserhöhung für die Privathaushalte, sagt von Planta. «Für mich ist nach wie vor die grösste Schwäche im langfristigen Finanzplan die sehr defensive Schätzung der Firmensteuern. Bleiben sie auf dem Niveau von 2018 oder sinken nur leicht, machen sie die Steuerfusserhöhung mehr als wett», findet von Planta.

Einwohnerrat Mark Füllemann (FDP), einer der härtesten Kritiker der städtischen Finanzpolitik sowie einer Steuererhöhung, stellt die rhetorische Frage: «Wenn das Ergebnis 2018 so stark abweicht vom Budget, wie sieht es dann mit den kommenden Jahren aus, in denen im langfristigen Finanzplan vor allem betreffend Steuereinnahmen bei den juristischen Personen pessimistisch prognostiziert wird?»

Grundlage für die geplante Steuererhöhung sei der langfristige Finanzplan. «Eine Steuererhöhung kommt noch zu früh. Auch dank des guten Ergebnisses 2018 würden wir das Legislaturziel eines ausgeglichenen Finanzhaushaltes in den kommenden zehn Jahren selbst ohne Steuererhöhung erreichen.»

Aus Sicht von Stadtammann Markus Schneider (CVP) ist eine Steuererhöhung notwendig, damit der Haushalt langfristig im Gleichgewicht bleibt, wie er betont. «Es geht um die Frage, ob wir rechtzeitig reagieren oder erst dann, wenn wir das Messer am Hals haben. Wir haben uns für die Nachhaltigkeit in der Führung des Finanzhaushaltes entschieden und daher jetzt die moderate Steuerfusserhöhung beantragt.»

Er kommentiert die neusten Prognosen so: «Das gute Ergebnis 2018 kommt insbesondere dank der besseren Bewertung der Liegenschaften des Finanzvermögens zustande. Das ist natürlich erfreulich, aber man darf sich davon nicht täuschen lassen.» Denn diese Aufwertung bringe der Stadt keinen zusätzlichen Franken in die Kasse. «Im Gegensatz dazu erhalten wir durch die Steuererhöhung pro Jahr drei Millionen Mehreinnahmen, die wir nicht am Markt aufnehmen müssen und die den Selbstfinanzierungsgrad verbessern.»

Die deutliche Mehrheit des Einwohnerrates habe die Meinung des Stadtrates geteilt, dass mit den Sparmassnahmen alleine das vorgegebene finanzpolitische Ziel nicht erreicht werden könne, betont Schneider.

In der laufenden Hochinvestitionsphase – die vergleichbar sei mit jener bei der letzten Steuerfusserhöhung von 1972 – werden die Schulden deutlich anwachsen, so der Stadtammann. «Die nächste Generation soll auch noch einen Handlungsspielraum haben, wir wollen ihr eine vertretbar hohe Schuldenlast übergeben.»

Daher sei eine möglichst rasche Abschwächung der Verschuldungshöhe entscheidend. Und die Steuerexperten der Stadt seien im Gegensatz zu einigen Einwohnerräten davon überzeugt, dass die Steuerreform im Kanton trotz milder Umsetzung für die Stadt nicht ohne negative Folgen, sprich Einbussen bei den Steuereinnahmen juristischer Personen, sein werde.

Verkauf von Liegenschaften?

Das Argument Schneiders, die Aufwertung der Liegenschaften bringe der Stadt keinen zusätzlichen Franken in die Kasse, will Gian von Planta so nicht stehen lassen. «Nicht staatsrelevantes Eigentum kann gerne verkauft werden. Land und Häuser gehören für mich nicht unbedingt dazu, aber sicher die Casino AG. Hier würde ich gerne nicht notwendiges Staatsvermögen gegen Schulden für staatsnotwendige Schulhäuser eintauschen.»

Dass die Stadt einige ihrer Liegenschaften verkaufen könnte, ist alles andere als unwahrscheinlich. Stadtrat Philippe Ramseier (FDP), Vorsteher des Ressorts Immobilien, bestätigt auf Anfrage: «Wir, das Ressort Immobilien/Infrastruktur, sind derzeit daran, eine Boden- und Immobilienstrategie (BIS) für die Stadt Baden zu erarbeiten.

Im Zuge dieser Erarbeitung wird unter anderem auch die Frage diskutiert, ob Liegenschaften gekauft oder verkauft werden sollen.» Die relevanten Anspruchsgruppen würden transparent in den Prozess mit einbezogen, verspricht Ramseier.

Unnötige Steuererhöhung – Mission impossible – AZ

FDP und Grünliberale wagen die «Mission impossible»: «Eine Steuererhöhung ist unnötig»

Den Stadtrat in einer Urnenabstimmung zu besiegen, ist meist eine «Mission impossible». Warum es FDP und Grünliberale trotzdem versuchen und sich für ein Nein zur ersten Steuererhöhung seit 1972 stark machen.

Badenerinnen und Badener sollen nächstes Jahr mehr Steuern bezahlen: So will es der Stadtrat, und so will es eine Mehrheit der Parteien. Für ein Nein bei der Urnenabstimmung am 25. November setzen sich einzig FDP und Grünliberale ein. FDP-Co-Präsident Tobi Auer sagt: «Es wird nicht einfach, die Abstimmung zu gewinnen, denn fast alle Parteien und der Stadtrat sind für die Steuererhöhung. Dennoch glauben wir an unsere Chance, denn unsere Argumente sind sachlich und nachvollziehbar.»

Wie schwierig das Unterfangen von FDP und GLP werden dürfte, die Steuererhöhung von 92 auf 97 Prozent zu verhindern, zeigt ein Blick in die Vergangenheit: Fast immer folgte das Badener Stimmvolk bei kommunalen Abstimmungen der Empfehlung des Stadtrates. Nur zwei Ausnahmen gab es in den vergangenen zwanzig Jahren: 1996 wurde ein Projektierungskredit für die Neugestaltung des Theaterplatzes mit Parkhaus in einer Referendumsabstimmung an der Urne abgelehnt. Und 2010 lehnte Baden eine Fusion mit Neuenhof ab. Bei allen anderen Abstimmungen ging der Stadtrat als Sieger hervor.

Das Hauptargument der FDP im Abstimmungskampf laut Co-Präsident Tobias Auer: «Wir wollen keine Steuern auf Vorrat.» Die Stadt rechne im Budget des kommenden Jahres mit einem Plus von 7 Millionen Franken. «Wir befürchten, dass der Überschuss in der Verwaltung versickern wird und künftige Generationen gar nicht von der Steuererhöhung profitieren.» Denn es sei gemeinderechtlich nicht möglich, den Stadtrat zu verpflichten, den Steuerertrag zur Tilgung der Schulden einzusetzen. Auch ohne Steuererhöhung würde Baden nächstes Jahr einen guten Abschluss budgetieren, gibt Auer zu Bedenken: «Bei einem Steuerfuss von 92 Prozent, wie wir ihn heute haben, würde der Überschuss noch immer rund 3,5 Millionen Franken betragen.»

Erstaunt zeigt sich Auer über die Haltung der SVP, welche die Steuererhöhung mit «schwer nachvollziehbarer Argumentation» befürworte. Die SVP stimmt – vereinfacht formuliert – höheren Steuern zu, um der kommenden Generation keine Schulden zu hinterlassen (AZ vom 24. Oktober). «Ich habe den Eindruck, dass es sich um eine Art Trotzreaktion handelt, weil der Einwohnerrat in den vergangenen Jahren zu viele Investitionen und Ausgaben bewilligt hat», sagt Auer. Aber eine Steuererhöhung könne nicht im Sinne der SVP sein, die stets für eine restriktive Finanzpolitik stand. «Wir werden im Abstimmungskampf parteiübergreifend Wähler überzeugen müssen.»

Unterstützt wird die FDP von der GLP. Fraktionspräsident Gian von Planta: «Wir werden Flyer in die Haushalte verschicken, Plakate aufhängen und versuchen, eine öffentliche Debatte zu lancieren, insbesondere auch in den sozialen Medien.» Er ist überzeugt: «Wenn es zu einer Debatte kommt, haben wir Chancen, die Abstimmung zu gewinnen.» Von Planta kritisiert die finanzpolitische Marschrichtung der Stadt: «Eine Steuererhöhung ist unnötig. Der Stadtrat budgetiert für das Jahr 2019 betreffend der Steuereinnahmen sehr pessimistisch. Und trotzdem erwartet er beim operativen Ergebnis ein deutliches Plus.» Werde die Steuerreform im Kanton Aargau so milde umgesetzt wie von Finanzvorsteher Markus Dieth (CVP) angekündigt, dann gebe es erst recht keinen Grund für höhere Steuern, sagt von Planta. «Der Stadtrat und linke Parteien behaupten stets, die Zitrone sei ausgepresst und die Verwaltung brauche mehr Luft. Wir sind aber der Ansicht, dass es nach wie vor Sparmöglichkeiten gibt, und dass es bei der Verwaltung einige Ineffizienzen gibt. Beispielsweise bei der Informatik, der Abteilungen Planung und Bau, der Entwicklungsplanung oder bei der Kommunikation, für die sich Baden eine eigene Stelle leistet.

Aus Sicht des Stadtrats hingegen ist eine Steuererhöhung unumgänglich. Stadtammann Markus Schneider (CVP) sagte dem Einwohnerrat vergangene Woche, seit 1972 sei der Steuerfuss nicht mehr angestiegen, doch jetzt befinde sich Baden in einer Hochinvestitionsphase

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