Umstrittene Axpo Handelsgeschäfte – AZ

Umstrittene Axpo-Handelsgeschäfte im Ausland: Besitzerkantone zweifeln an Kompetenz des Verwaltungsrats – das fordert die Aargauer Regierung

Mit dem 4-Milliarden-Rettungsschirm steht die Axpo speziell im Fokus der Politik. Nun wird bekannt, dass der Aargau und andere Kantone an der Kompetenz des Verwaltungsrats zweifeln. Zudem fordern mehrere Parteien, dass sich die Axpo auf die Versorgung im Inland konzentriert und risikoreiche Handelsgeschäfte im Ausland aufgibt.

Nordostschweizerische Kraftwerke AG (NOK): So hiess der Energieversorger, der mit Abstand am meisten Strom für den Aargau produziert, bis zur Jahrtausendwende. Der Kanton war Miteigentümer des Unternehmens, aus dem 2001 die Axpo hervorging. Auch an der Axpo ist der Aargau beteiligt: direkt und über eine Beteiligung der kantonseigenen AEW Energie AG mit insgesamt 28 Prozent. Ein zweiter Grossaktionär ist der Kanton Zürich, hinzu kommen weitere Kantone und Elektrizitätswerke.

Die Axpo machte vor zehn Tagen Schlagzeilen, als der Bund einen 4-Milliarden-Rettungsschirm beschloss, um die Liquidität des Unternehmens zu sichern. Dies wurde nötig, weil die Axpo ihre Stromgeschäfte vorgängig mit hohen Summen absichern muss, der Ertrag aus dem Verkauf aber erst später in die Kasse fliesst. Der Aargauer Energiedirektor Stephan Attiger (FDP), der die Eigentümer vertritt, verteidigte die Intervention des Bundes und sagte, die Preise am Energiemarkt hätten sich überschlagen.

Kantone dürften Axpo nicht mit Steuergeldern retten

Auf die Frage, warum der Bund ein Unternehmen retten müsse, das im Besitz der Kantone sei, sagte Attiger:

«Es gibt in den Kantonen keine gesetzliche Grundlage, die es erlauben würde, Steuergelder als Kredit einem Stromkonzern zur Verfügung zu stellen.»

Stephan Attiger.

Stephan Attiger.

Andrea Zahler

Ein kantonaler Schutzschirm wäre also nur mit neuen Gesetzen möglich gewesen. Zudem scheint fraglich, ob die Kantone eine solche Unterstützung finanziell überhaupt stemmen könnten.

Weniger positiv als Regierungsrat Attiger sieht der freisinnige Aargauer Nationalrat Matthias Jauslin den Rettungsschirm. «Die Kantone haben jahrelang Dividenden kassiert, aber nehmen dann ihre Verantwortung nicht wahr», kritisierte FDP-Energiepolitiker Jauslin in der «NZZ am Sonntag».

Besitzerkantone der Axpo zweifeln an Kompetenz des Verwaltungsrats

Doch auch die Besitzerkantone, welche den Rettungsschirm des Bundes begrüssen, sehen die Entwicklung der Axpo kritisch. Wie der «Tages-Anzeiger» am Donnerstag berichtete, hegen sie Zweifel an der Kompetenz der Unternehmensführung und haben deshalb eine Aussprache verlangt. Eine der Kernfragen, die in einem vertraulichen Dokument gestellt wird: «Ist der Verwaltungsrat fachlich in der Lage, die Expansionsstrategie (…) zu beurteilen und zu überwachen?»

Laut dem «Tages-Anzeiger» gibt es Befürchtungen, dass wegen der aggressiven ausländischen Handelsstrategie der Axpo in der Schweiz auf einmal zu wenig Strom zur Verfügung stehen könnte. Weiter fragen die Eigentümerkantone, ob es aus Sicht des Verwaltungsrats richtig sei, dass die Axpo in den nächsten Jahren rund 50-mal in neue erneuerbare Produktionsanlagen im Ausland investiere als im Inland.

Handel und Finanzinstrumente machen fast 50 Milliarden in der Bilanz aus

Kritisch beurteilt den Rettungsschirm auch Gian von Planta, Fraktionschef der GLP im Grossen Rat und Leiter Anlagen und Netze beim Lenzburger Energieversorger SWL AG. Die Intervention des Bundes wäre nicht nötig, wenn die Axpo nur ihr Kerngeschäft betreiben würde, schreibt der grünliberale Energiepolitiker auf Facebook.

Facebook Screenshot

Kraftwerke, Übertragungsanlagen und der Wert der Eigenstromproduktion für die nächsten drei Jahre zusammen machen in der Bilanz knapp 10 Milliarden Franken aus, die restlichen 55 Milliarden entfallen laut von Planta primär auf Handelspositionen und derivative Finanzinstrumente.

Regierung: Axpo ist als Grossproduzent auf den Handel angewiesen

Die umstrittenen Handelsgeschäfte der Axpo im Ausland kritisierte von Planta zusammen mit Grossräten von Grünen, EVP, Mitte und SP auch in einem Vorstoss. In der Antwort heisst es, der Regierungsrat thematisiere die Risiken bei den regelmässigen Eigentümergesprächen und lasse sich über das Risikomanagement der Axpo informieren. Und weiter:

«Der Regierungsrat erwartet, dass die Axpo die erheblichen Preis- und Kreditrisiken, insbesondere bei den heutigen Marktverwerfungen, eng überwacht.»

Die Antwort entspricht damit – in abgeschwächter Form – ziemlich genau der Kritik der Eigentümerkantone an die Axpo-Führung. Allerdings steht der Regierungsrat den Handelsgeschäften im Ausland nicht grundsätzlich negativ gegenüber. Er schreibt vielmehr: «Dass die Axpo in der aktuellen Situation von dieser Diversifizierung – namentlich auch im Ausland – profitiert und dank der Absicherung das Risiko der eigenen Produktion verringert, ist positiv zu werten.»

Das Handelsgeschäft sei ein Pfeiler des Geschäftsmodells der Axpo und könne nicht unabhängig von anderen Bereichen beurteilt werden. Der Regierungsrat schreibt: «Aufgrund ihrer Struktur als Grossproduzent und der Teilmarktliberalisierung ist die Axpo auf den Handel angewiesen.» Auslandsgeschäfte tätige der Energieversorger insbesondere dann, wenn sie den Zielen der Eignerstrategie dienen, betriebswirtschaftlich zweckmässig sind und die Risikosituation der Axpo nicht verschlechtern.

Grüne forderten schon vor zwei Jahren mehr Produktion im Inland

Die Forderung, die Axpo solle sich stärker auf die Stromproduktion im Inland konzentrieren, ist im Aargau nicht neu – und sie kommt aus ganz unterschiedlichen Richtungen. Im August 2020 nahm der Regierungsrat ein Postulat der Grünen entgegen, das verlangte, «dass zukünftige Investitionen der Axpo prioritär in die heimische Stromproduktion der Wasserkraft beziehungsweise Wind, Sonne und Biomasse zur Stärkung der Versorgungssicherheit und Wertschöpfung zu erfolgen haben».

Die Regierung versprach, sich «im Rahmen der Überprüfung der Eignerstrategie» für das Anliegen der Grünen einzusetzen. In diesem Papier werden die strategischen Ziele der Eigentümerkantone für die Axpo festgehalten. Im aktuellen Vorschlag, der auf der Website des Kantons abrufbar ist, heisst es unter anderem, die Axpo leiste «einen wesentlichen Beitrag zur sicheren, wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Stromversorgung der Schweiz».

Axpo muss den Besitzerkantonen keinen Strom liefern

Gleich danach findet sich unter Punkt 1 der Axpo-Eignerstrategie ein bemerkenswerter Satz:

«Die Axpo hat keinen Auftrag zur Versorgung der Axpo-Kantone mit Elektrizität.»

Dies gilt allerdings erst seit der Strommarktliberalisierung im Jahr 2008, zuvor gab es eine Abnahmegarantie für Axpo-Strom. Das Unternehmen sei seit der Marktöffnung einem grösseren Risiko ausgesetzt, hält der Regierungsrat fest. Die Axpo diversifiziere in neue Geschäftsfelder, um die Abhängigkeit vom Strompreis zu reduzieren. «Dies hat sie in den letzten Jahren verstärkt im Ausland getan, weil die Wirtschaftlichkeit für Investitionen in der Schweiz nicht gegeben war», schrieb die Regierung im August 2020.

Zusammenfassend kam die Regierung zum Schluss, die Stossrichtung des Grünen-Postulats decke sich «weitestgehend mit der heutigen Eignerstrategie der Aktionäre». Sie hielt aber auch fest, welche Forderungen in der Eignerstrategie aufgenommen werden, hänge von der Mehrheit der Eigentümer ab. Anpassungen an der Strategie könne der Aargau «nur in Zusammenarbeit mit den übrigen Aktionären erreichen».

Freisinnige fordern Fokus auf Versorgungssicherheit im Inland

Knapp zwei Jahre später kam die Forderung im Grossen Rat erneut auf, im März 2022 reichte die FDP eine Motion ein. Demnach sollte die Regierung sicherstellen, «dass die Axpo Holding AG und die AEW Energie AG verstärkt in der Schweiz in die Versorgungssicherheit investieren, um der drohenden Versorgungslücke im Winter entgegenzuwirken». Der Regierungsrat ist bereit, das Anliegen als weniger verbindliches Postulat entgegenzunehmen. Er verwies aber erneut darauf, dass die Forderung nur mit Zustimmung der anderen Aktionäre realisierbar sei.

Weiter schrieb der Regierungsrat, AEW und Axpo investierten in den wirtschaftlich tragbaren Zubau erneuerbarer Energie im Inland und grenznahen Ausland. «Doch die Rahmenbedingungen (finanzielle Anreize, Bewilligungsverfahren, Raumplanung, Standorte etc.) sind im internationalen Vergleich sehr anspruchsvoll und das Tempo des Ausbaus zu langsam vor dem Hintergrund einer drohenden Stromlücke und dem Netto-Null-Ziel.»

GLP-Energiepolitiker Gian von Planta: «Die Axpo muss das Handelsgeschäft verkaufen, die Risiken sind zu hoch»

4-Milliarden-Rettungsschirm, Liquiditätsprobleme und risikoreiche Auslandsgeschäfte rufen die Politik auf den Plan. Der Grünliberale Grossrat Gian von Planta will, dass die Axpo ihr Handelsgeschäft abstösst. Zudem fordert er, dass wieder ein Regierungsmitglied im Verwaltungsrat des Energieversorgers sitzen soll.

Fabian Hägler Jetzt kommentieren
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Gian von Planta (GLP) fordert, dass sich die Axpo auf ihr Kerngeschäft, die Stromversorgung im Inland, konzentrieren solle.

Gian von Planta (GLP) fordert, dass sich die Axpo auf ihr Kerngeschäft, die Stromversorgung im Inland, konzentrieren solle.

Britta Gut

Wie viel Einfluss sollen die Besitzerkantone und die Politik auf die Strategie der Axpo nehmen? Diese Frage ist nicht erst seit dem 4-Milliarden-Rettungsschirm des Bundes für den Energieversorger aktuell. Einst sassen Vertreter der Kantonsregierungen im Verwaltungsrat der Axpo und bestimmten dort direkt mit.

Seit fünf Jahren ist der Aargauer Energiedirektor Stephan Attiger nicht mehr im Führungsgremium, stattdessen gibt der Regierungsrat die Ziele für das Unternehmen über die sogenannte Eigentümerstrategie vor. Die Absicht dahinter: Den Verwaltungsrat entpolitisieren und mit unabhängigen Fachleuten besetzen.

Besitzerkantone und Grossräte melden Zweifel an Axpo-Strategie an

Vor dem Hintergrund der Energiekrise, der Liquiditätsprobleme der Axpo und der risikoreichen Auslandsgeschäfte werden nun aber Forderungen nach mehr Einfluss der Besitzerkantone laut. Diese bezweifeln, dass der Verwaltungsrat des Unternehmens in der Lage ist, die Expansionsstrategie der Axpo zu beurteilen und zu überwachen.

Der Aargauer Regierungsrat schreibt in der Antwort auf einen Vorstoss im Grossen Rat, gemäss Angaben der Axpo überwache das auditierte Risikomanagement die Handelsaktivitäten regelmässig. GLP-Energiepolitiker Gian von Planta, der in seiner Interpellation diverse kritische Fragen zur Axpo-Strategie stellte, reicht dies nicht, wie er im Interview sagt.

Der «Tages-Anzeiger» berichtet heute über Kritik der Eigentümerkantone am Axpo-Verwaltungsrat. Dabei wird die Frage gestellt, ob die Verwaltungsräte fachlich in der Lage seien, die Expansionsstrategie zu überwachen. Sind sie das aus Ihrer Sicht?

Gian von Planta: Das ist eine berechtigte Frage, denn momentan hat der Handel in der Bilanz der Axpo ein massives Übergewicht gegenüber dem eigentlichen Kernauftrag, nämlich der Stromproduktion und Energieversorgung. Solche Handelsgeschäfte können sehr viel Ertrag bringen, sie sind aber hochriskant und die Axpo kann auch viel Geld verlieren.

Aber ist das nicht der politische Wille, schliesslich wurde die Axpo ja in die Selbstständigkeit entlassen?

Bei der Axpo gibt es derzeit keine klare Führung durch die Eigentümer, das Management nutzt den Freiraum, den ihr die Politik lässt, um Handelsaktivitäten und andere Geschäftsfelder auszubauen, die eigentlich nicht zum Auftrag des Unternehmens gehören. Das ist kein direkter Vorwurf an die Axpo-Führung, sondern ein Aufruf an die Besitzerkantone, wieder mehr Einfluss zu nehmen.

Braucht es wieder Regierungsräte im Verwaltungsrat der Axpo?

Ich finde, dass die verantwortliche Regierung grundsätzlich Einsitz haben sollte im Verwaltungsrat, damit die Eigentümerkantone ein Ohr in diesem Gremium haben und Informationen direkt und ungefiltert erhalten. Der Verwaltungsrat der Axpo darf aber nicht nur aus Politikern bestehen, es braucht selbstverständlich auch Fachleute aus der Energiebranche und dem Management. Eine solche Mischung würde auch dafür sorgen, dass der Verwaltungsrat nicht verpolitisiert wird.

Muss die Konzentration auf Stromproduktion im Inland und die Beschränkung des Handels in der Eigentümerstrategie festgeschrieben werden?

Eigentlich wäre das richtig, es gibt aber ein grosses Problem: Änderungen an der Eigentümerstrategie können nur einstimmig von allen Aktionären vorgenommen werden. Das ist bei den heutigen Besitzverhältnissen mit mehreren Kantonen und Elektrizitätswerken praktisch unmöglich. Deshalb ist es für die Eigentümerkantone auch schwierig, ihren Einfluss auf die Axpo geltend zu machen. Es wäre von mir aus sinnvoll, die Besitzverhältnisse zu klären, indem zum Beispiel der Kanton Aargau die Axpo-Anteile übernimmt, die derzeit noch von der AEW Energie AG gehalten werden.

Was wäre aus Ihrer Sicht denn die beste Lösung der Axpo-Frage?

Von mir aus gesehen müsste die Axpo das Handelsgeschäft verkaufen, die Risiken sind einfach zu hoch. Zudem ist dies keine Staatsaufgabe und es gibt dafür keine gesetzliche Grundlage. Das Unternehmen braucht eine kleine Handelsabteilung für den Verkauf des selbst produzierten Stroms, aber ich finde es falsch, wenn die Axpo mit risikoreichem Gas- und Stromhandel in Amerika und Asien die Bilanz um mehr als 50 Milliarden Franken aufbläht.

Bund prüft sogar Ölkrafwerke – Sonntagszeitung

Bund prüft jetzt sogar Einsatz von schmutzigen Ölkraftwerken
Notrezept gegen Energiekrise Strom aus Erdöl gilt als besonders klimaschädlich. Doch ein bestehendesVersuchskraftwerk im Aargau könnte den drohenden Strommangel verhindern.

Im Winter droht ein Energiedebakel. Der Bund prüft gerade unter Hochdruck, welchen Unternehmen er als Erstes das Gas oder den Strom abstellen müsste.  Flächendeckende Abschaltungen sind möglich, der Wirtschaft drohen Milliardenverluste.

Nun bringt Energieministerin Simonetta Sommaruga in der Verzweiflung einen hoch umstrittenen Vorschlag ins Spiel, der ihrem Ziel einer schnellen Energiewende diametral zuwiderläuft: «Das Uvek prüft für den  äussersten Notfall jetzt auch den Einsatz von mit Öl betriebenen Kraftwerken », bestätigt das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation.

Bereits Sommarugas Plan, ab 2025 Gaskraftwerke als Reserve bereitzustellen, führte zu heftigen Kontroversen zwischen Umweltschützern und bürgerlichen Politikern. Bei mit Erdöl betriebenen Kraftwerken dürften die Wogen noch viel höher gehen. Sie gelten als noch schmutziger, zumal sie für die gleiche Menge Strom wesentlich mehr CO2 ausstossen als Gasturbinen.

Andererseits könnte ein Ölkraftwerk einen Strommangel abwenden oder zumindest deutlich abmildern. Denn Öl wird es im Winter voraussichtlich genug geben. Der Berner FDP-Nationalrat und Energiepolitiker Christian  Wasserfallen sagt: «Wir müssen mit allen Mitteln eine Strommangellage verhindern. Deshalb ist es zwingend, dass wir in dieser akuten Situation leider auch den Einsatz von Ölkraftwerken in Betracht ziehen. Es wäre eine Sünde, wenn wir das unterliessen.»

Einsatz bereits in diesem Winter eigentlich nicht möglich
Welche Standorte die Energieministerin prüfen lässt, ist nicht bekannt. Klar ist, dass die Zeit für den Bau eines neuen Ölkraftwerks nicht reicht. Die Hoffnung liegt deshalb auf einem bestehenden Kraftwerk im Kanton Aargau. Es liegt in Birr und wurde  eigentlich zur Erprobung neuer Gasturbinen gebaut. Es hat aber testweise bereits grosse Mengen Strom ins Netz gespeist.

Die dort installierten Turbinen können nicht nur mit Gas, sondern auch mit Öl betrieben werden. Eine der drei Turbinen kann so viel Strom produzieren wie das Atomkraftwerk Beznau 1. Bahngleise führen direkt auf das Werkareal. Die Ölzufuhr per Bahn wäre damit sichergestellt. Und auf dem Areal stehen schon Tanks, die Öl für eine Betriebszeit von einem Tag fassen können.

Dennoch gibt es grosse Hürden. Die Behörden des Kantons Aargau stehen zwar seit längeren mit der Betreiberin, der italienischen Firma Ansaldo Energia, im Gespräch. Diese hat Interesse bekundet, das Kraftwerk als Reserve für die Not zur Verfügung zu stellen. Allerdings fanden die Gespräche im Frühling statt. Damals war die Angst vor einer Strommangellage für den kommenden Winter noch nicht so gross wie jetzt. Man ging von einem Gasbetrieb ab 2025 aus und arbeitete deshalb vorerst noch nicht im Notmodus.

Gemäss den Aargauer Behörden hiess es damals, dass es mindestens ein Jahr dauern würde, um die Turbinen so weit zu ertüchtigen, dass sie zuverlässig genug seien für ein Reservekraftwerk. Zudem brauche es noch Bewilligungen für den regulären Betrieb.

Das Szenario für einen Einsatz bereits in diesem Winter wurde in der Folge gestrichen. Gerd Albiez, Verwaltungsratspräsident von Ansaldo Energia Switzerland, sagt: «Unter normalen Umständen ist es ökonomisch und rechtlich nicht möglich, das Kraftwerk in Birr bis im kommenden Winter so weit zu haben, dass es als Reservekraftwerk für die Stromproduktion zur Verfügung steht.»

Doch nun ist die Betreiberin des Kraftwerks bereit, die Inbetriebnahme für diesen Winter nochmals zu prüfen. «Wenn der Bund sehr kurzfristig mit Notrecht die Bewilligungen ermöglichen würde und Kosten keine Rolle spielten, könnte geprüft werden, ob die Stromproduktion mit den Turbinen für nächsten Winter technisch möglich wäre», sagt Albiez.

Lieber Ölkraftwerk als Strommangel
Der Vorschlag, das Kraftwerk zur Verhinderung eines Energiemangels fit zu machen, findet Unterstützung von überraschender Seite. Gian von Planta, grünliberaler Grossrat im Aargau und ETH-Ingenieur mit Erfahrung im Turbinenbau, glaubt, dass man die Anlagen einsatzbereit machen könnte.

Von Planta hat vor einigen Jahren bei Alstom, der früheren Besitzerin des Kraftwerks in Birr, gearbeitet. Heute ist er Leiter der technischen Anlagen der Energie- und Wasserversorgung der benachbarten Stadt Lenzburg. Er sagt: «Die Schweiz sollte alles daran setzen, dass die Turbinen im Winter im Notfall zur Verhinderung einer Strommangellage zur Stromproduktion genutzt werden können.»

Die Stromherstellung mit Öl sei zwar «sehr schmutzig». Für den grünliberalen Politiker ist aber klar: «Im Notfall Öl verstromen ist immer noch viel besser, als nun die ganze Energiestrategie über den Haufen zu werfen.» Man müsse die aktuelle Notsituation aber zum Anlass nehmen, «den Ausbau der erneuerbaren Energien massiv zu forcieren».

Insider berichten, dass die Kraftwerksbesitzerin Ansaldo über den möglicherweise baldigen Einsatz bis jetzt nicht begeistert gewesen sei. Der Grund: Sie habe Angst, dass die Turbine nicht rechtzeitig anspringe, wenn sie zuvor nicht zeitaufwendig revidiert worden sei. Ansaldo befürchte einen Reputationsschaden als Turbinenbauerin. In der Tat wäre ein zu spätes Nichtanspringen im Notfall – wenn es sonst nirgends mehr Strom gibt – verheerend. Ein Zusammenbruch des Stromnetzes würde drohen.

Spezialisten sehen aber einen Ausweg. Man könnte die Turbinen im Winter bereits dann Strom produzieren lassen, wenn sich erst abzeichne, dass die Stauseen bald leer seien. Dank dieser vorzeitigen Produktion könnten die Seen stets einen kleinen Notvorrat halten. Ein verzögertes Anspringen der Turbinen wäre in diesem Fall unproblematisch und die Gefahr eines Strommangels trotzdem abgewendet.

Soll die Ortsbürgergemeinde aufgelöst werden? AZ

Ortsbürgergemeinde soll abgeschafft werden: «Die demokratische Legitimierung fehlt komplett»

Die Existenz der Ortsbürger in Baden führe zu einer Zweiklassengesellschaft, sagt Einwohnerrat Gian von Planta. Nur ein kleiner Teil der Bevölkerung könne wichtige Entscheide treffen. Nun fordert er das Aus der Institution.

Ortsbürger sind in Baden schon seit einiger Zeit umstritten. Willi Glaeser, bekannter Möbeldesigner und -unternehmer, schrieb vor sieben Jahren in einer Kolumne im Badener Tagblatt von einer Zweiklassengesellschaft unter stimmberechtigten Schweizerinnen und Schweizern, wobei die Einwohnergemeinde der zweiten Klasse entspreche.

Gian von Planta, Badener Einwohnerrat und Grossrat der Grünliberalen, argumentiert nun in einem parlamentarischen Vorstoss ähnlich. In Baden gebe es verschiedene Klassen von Einwohnerinnen und Einwohnern: Je nachdem, welcher Klasse man angehöre, habe man mehr Rechte.

Zu den Privilegierten gehöre, wer an der Ortsbürgergemeindeversammlung teilnehmen dürfe. Diese Personen könnten entscheiden, wie das Geld aus dem Ortsbürgervermögen genutzt werden soll. Vermögen, welches notabene ursprünglich allen Einwohnern von Baden gehört habe.

Von Planta: Gebilde ist eine Art Stiftung

Darum will von Planta die Ortsbürgergemeindeversammlung abschaffen, beziehungsweise sie mit der Versammlung der Einwohnergemeinde fusionieren, wie er in seiner Anfrage an den Stadtrat schreibt.

Gian von Planta, GLP-Einwohnerrat.

Gian von Planta, GLP-Einwohnerrat.

zvg

«Eine breite demokratische Legitimierung fehlt komplett», so von Planta. Regelmässig nähmen weniger als 10 Prozent der Ortsbürgerinnen und Ortsbürger an den Versammlungen teil. Dies führe dazu, dass nur rund 2 Promille der Bevölkerung über das ursprünglich gemeinsame Vermögen entscheiden.

Am Schluss erscheine das Gebilde lediglich als eine Art Stiftung oder Schwarze Kasse, welche sich zwar gemeinnützig engagiert, aber nur für diejenigen Anliegen, die durch einen sehr kleinen Teil der Einwohner von Baden als sinnvoll angeschaut werden.

Ortsbürger stifteten die Heissen Brunnen

Zur Definition: An der Ortsbürgergemeindeversammlung darf teilnehmen, wer im Besitz des Badener Ortsbürgerrechts ist, hier wohnt und stimmberechtigt ist. In Baden besitzen aktuell 757 Personen das Ortsbürgerrecht, davon sind 639 Personen stimmberechtigt. Die Ortsbürgergemeinde ist Eigentümerin von rund 60 Prozent des Stadtgebiets, ihr gehören 99 Prozent des Badener Waldes, und sie besitzt unter anderem Anteile an den Thermalwasserquellen «Limmatquelle» und «Heisser Stein».

Die Ortsbürgergemeinde schreibt auf ihrer Website, sie leiste einen wertvollen Beitrag an das öffentliche Leben, an die Identität der Stadt Baden und zum Wohl ihrer Bevölkerung. Sie helfe mit, Lasten zu tragen, welche die Stadt Baden selber nicht tragen könne oder dürfe. Die Ausgangslage sei vielleicht ein wenig vergleichbar mit dem Lotteriefonds des Regierungsrates, heisst es auf der Website weiter.

Dort wird unter anderem folgendes positives Beispiel genannt: Dank dem weitblickenden Entscheid der Badener Ortsbürger Mitte der 1970er-Jahre, Ortsbürgerland nicht mehr zu verkaufen, sondern im Baurecht zur Verfügung zu stellen, seien regelmässige Einnahmen für die Ortsbürgergemeinde sichergestellt, um so die Lebensqualität in der Stadt Baden und kulturelle und diverse soziale Werke grosszügig zu fördern. Kürzlich haben die Ortsbürger den Bau der Heissen Brunnen finanziert.

Von Planta sagt, die meisten Kantone würden den Unterschied zwischen Ortsbürgergemeinde und Einwohnergemeinde nicht mehr kennen. In den letzten Jahren gab es auch im Aargau Zusammenschlüsse zwischen Einwohner- und Ortsbürgergemeinden. In Mellingen, Ennetbaden, Turgi oder Gebenstorf existieren die Ortsbürgergemeinden nicht mehr.

Der Stadtrat sei überdies schon heute ordentliche Vollzugsbehörde der Ortsbürgergemeinde, und die Verwaltung der Ortsbürgergemeinde werde von der Verwaltung der Einwohnergemeinde besorgt.

Kommt dieses Testkraftwerk in Birr als Reservekraftwerk in Frage? AZ

Der Schweiz könnte im Winter schon mittelfristig eine Stromlücke drohen, die sie dann nicht mehr mit Importen decken kann. Sieben Aargauer Grossräte bringen nun eine Gasturbinen-Testanlage in Birr ins Spiel. Könnte sie mittelfristig eine Lücke stopfen? Wir besuchten das Werk und konnten den Verantwortlichen all diese Fragen stellen.

Ansaldo Energia betreibt in Birr ein Gaskraftwerk im Testbetrieb. Von links: : Winfried Kuhn, Head of Supply Chain AES, Gerd René Albiez, Chef Ansaldo Switzerland, und Felix Ruckli, Unterhaltsverantwortlicher in Birr.

Ansaldo Energia betreibt in Birr ein Gaskraftwerk im Testbetrieb. Von links: : Winfried Kuhn, Head of Supply Chain AES, Gerd René Albiez, Chef Ansaldo Switzerland, und Felix Ruckli, Unterhaltsverantwortlicher in Birr.

Alex Spichale / AGR

Die Schweiz hat mittel- und längerfristig ein Stromproblem. Im Winter ist sie schon jetzt immer wieder auf Stromimporte angewiesen. Lange dachte man, die Schweiz habe Zeit, die Produktion so umzustellen, um dereinst den Wegfall der AKW auszugleichen. Doch nach dem Scheitern des Stromabkommens mit der EU und weil die EU per 2025 die Stromexporthürden erhöht, könnte der Schweiz ein echter Strommangel schon viel früher drohen.

Deshalb wird fieberhaft nach einem Ausweg gesucht, um notfalls schon 2025 zusätzliche Kapazitäten zu haben. Könnten Gaskraftwerke als Übergangstechnologie helfen? Gaskombikraftwerke stossen im Betrieb aber CO2 aus, und genau davon will man ja wegkommen.

Regierungsrat Stephan Attiger sagte im Interview, die Klimabilanz wäre trotz einem punktuell eingesetzten Gaskraftwerk positiv, wenn der Verbrauch fossiler Energien insgesamt gesenkt werde.

Regierungsrat Stephan Attiger sagte im Interview, die Klimabilanz wäre trotz einem punktuell eingesetzten Gaskraftwerk positiv, wenn der Verbrauch fossiler Energien insgesamt gesenkt werde.

Chris Iseli / AGR

Attiger: Wenn wir die fossilen Energien senken und dann ein Gaskraftwerk im Winter zwei Monate läuft, bleibt die Klimabilanz positiv

Gleichwohl sagte der aargauische Energiedirektor Stephan Attiger in der AZ schon im vergangenen Dezember, als Übergangstechnologie brauche man sie. Attiger sagte: «Wir müssen nicht heute entschieden, was gebaut wird. Wir müssen jedoch Optionen schaffen. Wenn wir sagen, dass der Stromimport ab 2025 nicht mehr im heutigen Ausmass gesichert und ein neues Grosskraftwerk eine Option sei, müssen wir die Planung heute schon angehen. Wenn ein Gaskombikraftwerk im Winter zwei Monate laufen würde, um die Stromlücke zu decken, und wir dafür den Verbrauch fossiler Energien insgesamt senken, bleibt die Klimabilanz positiv. Zusätzlich könnte der CO2-Ausstoss kompensiert werden.»

Das sind die 17 möglichen Standorte, die der Bundesrat identifiziert hat. Drei davon sind im Aargau, darunter der Standort Birr.

Das sind die 17 möglichen Standorte, die der Bundesrat identifiziert hat. Drei davon sind im Aargau, darunter der Standort Birr.

Birr gilt jetzt als einer von 17 möglichen Standorten in der Schweiz

Kurz nach diesem Interview reichten Grossräte aus allen Fraktionen einen Vorstoss ein (vgl. Box am Schluss des Textes), in dem sie darauf verweisen, dass im Aargau – in Birr – in Gestalt eines Testkraftwerks bereits ein Gaskraftwerk steht. Ob man nicht damit kurzzeitig Stromlücken überbrücken könnte? Die Antwort der Regierung steht noch aus. Inzwischen fand aber ein Gespräch mit den Betreibern der Versuchsanlage in Birr statt. Zudem taucht der Standort Birr inzwischen auch auf einer Karte des Bundes mit 17 möglichen Standorten für ein Gaskraftwerk als Überbrückungstechnologie auf.

Hier wird der Strom auf 220 Kilovolt transformiert.

Hier wird der Strom auf 220 Kilovolt transformiert.

Alex Spichale / AGR

Die AZ konnte das Testkraftwerk der italienischen Firma Ansaldo Energia Switzerland AG in Birr jetzt besichtigen. Derzeit findet dort keine Versuchskampagne statt. Der bisher letzte Test war 2021. Eine solche Kampagne dauert relativ kurz: «Das kann alles zwischen einer Stunde und mehrere Tage über einen Zeitraum von einigen Monaten sein», sagt Gerd Albiez, Chef von Ansaldo Energia Switzerland AG mit Sitz in Baden. Der Umbau für einen nächsten Test kann dafür drei Monate dauern.

Ein anderer Blick auf die Anlage.

Ein anderer Blick auf die Anlage.

Zvg/Ansaldo Energia /AZ

Verschleiss bei Versuchsanlage viel grösser als im kommerziellen Betrieb

Im Durchschnitt produzierte die Gasturbine bisher während maximal 800 Stunden Strom pro Jahr. Der Verschleiss an der Testanlage ist übrigens sehr viel  grösser als in einer kommerziellen Anlage «Dies, weil wir bei einem Test ans Limit gehen müssen,» sagt Albiez im mit 4000 Messstellen ausgestatteten Herz der Anlage. Fotografieren darf man hier aus Betriebsgeheimnis-Gründen nicht.

In Birr stehen zwei Gasturbinen-Testanlagen, eine ältere (GT 26), und eine neue (GT 36). Weil die bisher von Ansaldo verwendete zweistufige Verbrennungstechnologie, die in der «GT26» seit Mitte der 90er Jahre Anwendung fand, als Basis für Weiterentwicklungen diente , wurde vor Jahren schon entschieden, eine weiterentwickelte  zweistufige Verbrennungstechnologie zu entwickeln, die Wirkungsgrade für – Kombikraftwerke von bis zu 65 Prozent ermöglichen und gleichzeitig weniger spezifische Investitions- und Unterhaltskosten haben, so Albiez. Die GT Testanlage in Birr ist nicht als Kombikraftwerk ausgeführt und liegt daher mit ca. 40% beim Wirkungsgrad deutlich tiefer. Ein Kombikraftwerk ist in Birr nicht geplant.

Die Abgase erreichen Temperaturen von über 600 Grad Celsius. Sie werden über einen hohen Kamin mit eingebautem Schalldämpfer weggeblasen.

Die Abgase erreichen Temperaturen von über 600 Grad Celsius. Sie werden über einen hohen Kamin mit eingebautem Schalldämpfer weggeblasen.

Alex Spichale / AGR

Seit 2015 wird hier die Gasturbine der neusten Generation erprobt

Ein zentrales Element der neuen Gasturbinengeneration sind heisse Verbrennungstemperaturen. Die Abgase erreichen denn auch Temperaturen von über 600 Grad Celsius. Sie werden über einen hohen Kamin (vgl. Bild) weggeblasen. Im Kamin sind Schalldämpfer eingebaut, sagt Winfried Kuhn, Head of Supply Chain AES bei Ansaldo Switzerland. Seit den späten Neunzigerjahren probt das Unternehmen unter realen Bedingungen in Birr Gas Turbinen und seit 2015 «die erste Gasturbine dieser neuen Generation».

Kernkomponente ist eine in der Schweiz entwickelte Verbrennungstechnologie, die eine hohe Effizienz bei gleichzeitig tiefen Emissionen und hoher Flexibilität im Betrieb erlaube. Die Pilotanlage mit der Testbrennkammer leistet laut Gerd Albiez etwa 330 Megawatt (MW) angebunden an das  Schweizer Stromnetz.

Mit der Anlage in Birr könnte man mehr als die ganze Stadt Zürich mit Strom versorgen. Hier der nächtliche Blick auf die Stadt vom Uetliberg aus.

Mit der Anlage in Birr könnte man mehr als die ganze Stadt Zürich mit Strom versorgen. Hier der nächtliche Blick auf die Stadt vom Uetliberg aus.

Matthias Scharrer / Limmattaler Zeitung

Wenn die Testanlage voll läuft, kann sie mehr als ganz Zürich versorgen

Die Anlage liesse sich auch mit Öl betreiben, wenn es an Gas mangeln sollte. Das will hierzulande allerdings niemand. Getestet wurde es in Birr schon. Allerdings sind  dabei die Emissionswerte schlechter und der Verschleiss entwicklungsbedingt höher, sagt Albiez.

In der Energie- und Netzleitstelle in Baden sorgt die Axpo für den Ausgleich, wenn das Kraftwerk in Birr zu Testzwecken enorm viel Strom ins Netz einspeist.

In der Energie- und Netzleitstelle in Baden sorgt die Axpo für den Ausgleich, wenn das Kraftwerk in Birr zu Testzwecken enorm viel Strom ins Netz einspeist.

Alex Spichale / AGR

Wenn «GT» 36 bei einem Test Strom produziert, wird das jeweils über die Axpo angemeldet. Das muss dann auch die Swissgrid in Aarau wissen. Denn dabei fliesst in kürzester Zeit enorm viel Strom ins Hochspannungsnetz, und zwar in Othmarsingen. Zur Veranschaulichung: Damit könnte man mehr als die ganze Stadt Zürich mit Strom versorgen.

Zum Ausgleich müssen andere Kraftwerke ihre Produktion reduzieren. Das wird jeweils vorgängig mit der Axpo in Baden abgestimmt, sagt Albiez. Muss Ansaldo womöglich gar bezahlen, wenn die Testanlage Strom einspeist? Albiez lacht: «Das nicht gerade. Aber der Strom wird an der Börse zu einem reduzierten Preis verkauft.»

Wie realistisch ist es, die Testanlage in einer Strommangellage rein für die Stromproduktion laufen zu lassen? Dafür bräuchte es Anpassungen baulicher und betrieblicher Art, sagt Albiez, denn die Anlage ist nicht auf einen kommerziellen Betrieb ausgerichtet. Machbar sei es. Es bräuchte aber ein komplett anderes Konzept.

Bei Bedarf in 30 Minuten von Standby auf Volllast

Und wie rasch wäre sie einsetzbar? Wenn die Anlage völlig stillsteht, dauert es Tage. Wenn sie hingegen inklusive Bedienmannschaft auf Standby steht, «kann sie innerhalb von ca. 30 Minuten auf Volllast hinaufgefahren werden», sagt Albiez. Möglich ist auch Teillast, wenn man gar nicht die ganze Kapazität braucht.

Was würde so eine Gasturbine auf der grünen Wiese kosten? Eine neue Anlage (ohne Bauland und Bewilligungsverfahren) käme auf rund 150 Millionen Franken zu stehen, sagt Albiez. Grundstätzlich sind Gaskraftwerke in der Anschaffung relativ günstig, aber im Dauerbetrieb wegen der Gaskosten relativ teuer.   Wenn es als Reservekraftwerk betrieben werden soll, verringern sich die Kosten für das Gas dementsprechend.

Ein erstes kommerzielles Gaskraftwerk (ein Kombikraftwerk) des in Birr getesteten «GT 36» steht inzwischen in Italien vor der Inbetriebnahme. Es wird derzeit auf Herz und Nieren getestet, bevor es ans Netz geht. In Birr hält man sich derweil für weitere Testkampagnen bereit, um allfällige Kinderkrankheiten von «GT 36» auszumerzen.

Albiez und Kuhn als auch der Unterhaltsverantwortliche in Birr Felix Ruckli, sind fest überzeugt, dass es Gaskraftwerke als zur Energiewende beitragende Übergangstechnologie noch viele Jahre brauchen werde.

Hier auf dem Kraftwerksgelände ist der Anschluss ans nationale Gasnetz.

Hier auf dem Kraftwerksgelände ist der Anschluss ans nationale Gasnetz.

Alex Spichale / AGR

Das Gas wird von der Open Energy Platform AG via Pipeline bezogen

Das Gas für seine Testanlage bezieht Ansaldo von der Open Energy Platform AG mit Sitz in Zürich. Der Anschluss an die Erdgas-Pipeline, die von der Erdgas Ostschweiz AG betrieben wird, befindet sich in Birr im Werksgelände in unmittelbarer Nähe zur Turbine. Die Erdgas Ostschweiz AG betreibt und wartet das grösste Hochdrucknetz der Schweiz mit rund 630 Kilometern. Durch ihr Netz fliesst jährlich rund ein Drittel des Schweizer Bedarfs an Erdgas und Biogas. Sie bezieht ihr Gas hauptsächlich aus Russland und Norwegen.

Sorgt man sich bei Ansaldo jetzt aufgrund des Ukrainekriegs um die Verfügbarkeit von Gas? Sähen sie eine Alternative zum Bezug aus Russland? Gerd Albiez: «Ein Reservekraftwerk sollte nur zu sehr limitierten Zeiten für wenige Stunden pro Jahr betrieben werden. Das heisst es würden keine sehr grossen Mengen an Erdgas benötigt. Weiterhin könnte das Kraftwerk auch mit Öl betrieben werden. Für die Turbine, so Kuhn, spielt es jedenfalls keine Rolle, woher das Gas kommt.

Grossräte wollen wissen, ob das Test-Kraftwerk in Birr in Frage kommt

Im Januar haben Grossräte aus allen Fraktionen (Sprecher Gian von Planta/GLP)  vor dem Hintergrund der Stromlücken-Diskussion eine Interpellation eingereicht. Sie verweisen darin auf das AZ-Interview mit Stephan Attiger (vgl. Hauptartikel), in dem er sich zur «Option Gaskombikraftwerke» im Aargau äusserte und meinte, dass dafür die Planung heute schon angegangen werden müsse. Die Grossräte wollen jetzt wissen, ob Attiger dabei an Gaskombikraftwerke oder an Gasturbinenanlagen denkt, die nur zur Gewährleistung der Stromversorgungssicherheit als Backup Reservekapazitäten bereitgehalten werden für den Fall einer Strommangellage? Schliesslich verweisen sie darauf, dass in Birr ein Testcenter für Gasturbinen betrieben wird. Die beiden Betreiber verfügen über eine Leistung von rund 740 Megawatt, schreiben sie im Vorstoss, was in etwa der Leistung der AKW Beznau 1 und 2 entspreche. Zudem seien diese Gasturbinen schon ans Stromübertragungsnetz angeschlossen. Die Grossräte fragen: «Kann sich der Regierungsrat vorstellen, mit den Betreibern ein Abkommen für die Nutzung dieser Anlagen als Kapazitätsreserve in den kritischen Wintermonaten abzuschliessen?» Die Antwort der Regierung steht noch aus.

Das Gas in der Schweiz stammt rund zur Hälfte aus Russland. Ist die Gasturbine in Birr noch als Reservekraftwerk denkbar? Soll man Erdgas aus Russland drosseln oder stoppen? Darüber sprachen wir mit drei der sechs Interpellanten

Grossrat Gian von Planta (GLP).

Grossrat Gian von Planta (GLP).

Zvg / Aargauer Zeitung

Grosse Speicherkapazitäten für Erdgas gebe es in der Schweiz derzeit keine, sagt Gian von Planta (GLP), Sprecher der Interpellanten. Speicher könnten aber gebaut werden, im Wallis gibt es ein Projekt, bei dem aktuell die kommerzielle Analyse läuft. Um die Abhängigkeit von Russland zu senken, sähe von Planta viele Möglichkeiten. Nebst erneuerbaren Gasen und Erdgas aus anderen Förderländern in Europa könne auch vermehrt verflüssigtes Erdgas per Schiff eingeführt werden. Erdgas gebe es grundsätzlich genug, «um dieses Kraftwerk 40 oder vielleicht 100 Stunden pro Jahr zu betreiben, quasi als Versicherung zur Überbrückung einer Winterstromlücke, bis wir genug erneuerbare Energie haben», sagt von Planta. Wenn der Preis für die wenigen Stunden oder Tage jährlich, in denen man das Kraftwerk bräuchte, deshalb höher ausfiele, wäre das sicher tragbar, meint er. Er würde in erster Linie Biogas (das ist aber nur begrenzt verfügbar) oder synthetisches Gas einsetzen und erst in zweiter Linie Erdgas.

Jeanine Glarner: Bankrotterklärung für die Energiestrategie

Mitunterzeichnerin der Interpellation ist auch Jeanine Glarner (FDP). Sie sei «aus klimapolitischen Gründen überhaupt kein Fan von Gaskraftwerken», stellt sie klar. Deren Einsatz sei «die Bankrotterklärung für die Energiestrategie – aber sie sind unsere (wohl) einzige Option, kurzfristig das Problem der Stromversorgungssicherheit zu lösen», sagt sie. Und da sei es sicher nicht falsch, ein rein technisch bereits zur Verfügung stehendes Kraftwerk zu prüfen. Bezüglich Betriebsstoff ist für Glarner klar, «dass der Betrieb möglichst mit erneuerbarem oder synthetischem Gas erfolgen muss. Alles andere ist nicht nur klimapolitisch schwierig, sondern auch betreffend Auslandabhängigkeit – wie sich jetzt mit Russland zeigt.»

Grossrat Jonas Fricker (Grüne).

Grossrat Jonas Fricker (Grüne).

Valentin Hehli / ARG

Jonas Fricker: Weg von den fossilen Energien

Es sei klar, dass via fossile Energie viel Geld in autokratische Länder fliesst, etwa in den Nahen Osten oder nach Russland, sagt der Energie- und Klimaspezialist der Grünen und Mit-Interpellant Jonas Fricker: «Von den fossilen Energien müssen wir sowieso wegkommen. Wir müssen den Energieverbrauch senken, Energie effizienter nutzen, Erneuerbare viel mehr fördern und unsere Integration in die europäische Stromversorgung sicherstellen.» Der Handlungsdruck, vom russischen Erdgas wegzukommen, ist aufgrund des Krieges gestiegen, so Fricker: «Dafür brauchen wir aber dringend ein europäisch anerkanntes Herkunftsnachweissystem für Gas. Im Unterschied zum Strom weiss nämlich niemand genau, welche Qualität Gas hat und was man wirklich bekommt.» Solange es dieses Handelssystem nicht gebe, bestehe gar das Risiko, dass Biogas in Europa mehrfach verkauft wird.

Casino-Pläne in der Kritik – AZ am Wochenende

«Stadt spielt mit dem Geld der Einwohner»

Die Stadtcasino Baden Gruppe, zur Mehrheit im Besitz der Stadt, will das Casino Locarno übernehmen. GLP-Grossrat Gian von Planta kritisiert das Vorhaben: Er will dafür sorgen, dass die Stadt aus dem Casinogeschäft aussteigt – warum er sich gute Chancen ausrechnet.

Pirmin Kramer
Baden will das Casino Locarno übernehmen.

Baden will das Casino Locarno übernehmen.

Stock&people / Imago

Dass die Stadt Baden Casinos betreibt, stört Gian von Planta von den Grünliberalen schon lange: Bereits 2019 verlangte er, dass Baden seine Spielbank-Aktien verkauft. Die Stadt hält knapp über 50 Prozent der Anteile der Stadtcasino Baden Gruppe. Diese betreibt nicht nur das heimische Grand Casino, sondern ist auch zu 25 Prozent an zwei Spielbanken in Sachsen-Anhalt beteiligt.

Und nun wurde bekannt: Baden will zusätzlich das Casino Locarno übernehmen und zu einer Spielbank mit einer lukrativen A-Lizenz formen (Ausgabe von gestern.) Der GLP-Politiker kündigt an:

«Ich will einen neuen Anlauf nehmen und mittels eines parlamentarischen Vorstosses dafür sorgen, dass die Stadt diese Aktien veräussert.»

Gian von Planta, GLP, Aargauer Grossrat und Badener Einwohnerrat.

Gian von Planta, GLP, Aargauer Grossrat und Badener Einwohnerrat.
Zvg / Aargauer Zeitung

Von Planta spricht von einem riskanten finanziellen Engagement: «Momentan profitiert die Stadt mit einer schönen Dividende.» Aber gleichzeitig bestehe beispielsweise die Gefahr, dass Baden bei der Neukonzessionierung, die im Jahr 2023 anfällt, nicht berücksichtigt werde. «Die Stadt spielt also sozusagen mit dem Geld der Badenerinnen und Badener», sagt von Planta.

Ursprünglich sei es der Stadt darum gegangen, den städtischen Kursaal zu retten. «Davon sind wir heute meilenweit entfernt. Inzwischen wird ein Expansionskurs mit beträchtlichen Risiken verfolgt.»

Aargauischen Kantonalbank geht auf Distanz

Vor allem auch aus gesellschaftspolitischer Sicht sei das Investment der Stadt nicht mehr zeitgemäss. «Das hat uns die Aargauische Kantonalbank glasklar vor Augen geführt, die Casinos nicht mehr finanziert.»

Ebenfalls am Freitag wurde bekannt, dass die Bank neue Kriterien für die Kreditvergabe einführt, bei der Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigt werden. Auf Empfehlung der Weltbank zählen zu den Ausschlusskriterien für die Kreditvergabe auch das Betreiben von Glücksspielen und Casinos.

Auf der Webseite der Bank heisst es: «Die Folgen von Spielsucht für das Individuum und sein gesellschaftliches und familiäres Umfeld sind gravierend: Finanzielle Probleme, Ausfall an Arbeitsleistung, psychische Probleme, erhöhte Suizidraten und Beschaffungskriminalität.»

Gian von Planta ist überzeugt: Im Badener Einwohnerrat, dem Stadtparlament, wird seine Forderung bessere Chancen haben als beim letzten Mal. Die Mehrheitsverhältnisse haben sich verändert: Das bürgerliche Lager, damals Befürworter der Casino-Beteiligung, hat seine Mehrheit bei den Wahlen 2021 verloren.

Casino bietet Arbeitsplätze und betreibt Sponsoring

Der Badener Stadtrat hat sich bisher stets für den Erhalt der Aktien stark gemacht. Unter anderem mit dem Argument, das Stadtcasino investiere jährlich umfangreiche Mittel im Bereich Sponsoring und Kultur. Bei einem Verkauf wären diese Beiträge gefährdet.

Das Casino argumentierte 2019 ähnlich. Die Eigentümerstrategie des Hauptaktionärs sei zwar nicht Sache der Geschäftsleitung oder des Verwaltungsrates der Stadtcasino Baden Gruppe. «Allerdings verweisen wir in diesem Zusammenhang auf die positive Imagewirkung des Grand Casino Baden für Stadt und Region.»

Sollte eine neue Hauptaktionärin das Unternehmen ausschliesslich gewinnorientiert führen, würde dies voraussichtlich zu Nachteilen bei den Arbeitsplätzen, den Sponsoringaktivitäten und vor allem bei den Chancen der Neukonzessionierung ab 2023 führen.

Elektromobilität im Aargau – AZ

Elektromobilität im Aargau: Wie gut die Infrastruktur ist, wo es Gratisstrom gibt und welche Hürden noch bestehen

Der Kanton Aargau macht vorwärts mit der Elektromobilität: Das Netz an öffentlichen Ladestationen ist bereits überdurchschnittlich dicht. Mieterinnen und Mietern fehlt der Zugang zu Strom fürs Auto allerdings noch häufig.

Ann-Kathrin Amstutz
Während des Einkaufs gratis das Elektroauto aufladen: Das ist mittlerweile in vielen grossen Einkaufszentren möglich, so etwa im Wynecenter in Buchs.

Während des Einkaufs gratis das Elektroauto aufladen: Das ist mittlerweile in vielen grossen Einkaufszentren möglich, so etwa im Wynecenter in Buchs.

Alex Spichale

5780 – so viele Elektroautos sind gemäss aktuellen Zahlen des Bundesamts für Strassen im Kanton Aargau registriert. Und bald werden es bedeutend mehr sein: Wer ein neues Auto kauft, entscheidet sich immer öfter für ein Elektroauto.

11,5 Prozent aller im Aargau neu zugelassenen Autos sind rein elektrisch angetrieben, wie Zahlen des Verbandes Swiss eMobility zeigen. Nimmt man noch die sogenannten Plug-in-Hybride hinzu, die einen teilweise elektrischen Antrieb haben, liegt der Wert sogar über 20 Prozent. Ein Trend, der sich noch verstärken wird.

Bereits darauf aufgesprungen ist Gian von Planta. Der GLP-Grossrat ist seit zwei Jahren E-Autofahrer. Als stellvertretender Geschäftsführer der SWL Energie AG in Lenzburg befasst er sich auch beruflich mit der Energieversorgung. «Die öffentlich nutzbare Infrastruktur hat sich in den letzten zwei Jahren stark entwickelt», sagt von Planta. Beim Einkaufen, an der Autobahn oder bei Gastronomiebetrieben gebe es viele Lademöglichkeiten.

Mieterinnen und Stockwerkeigentümer müssen oft um Ladestation kämpfen

GLP-Grossrat Gian von Planta.

GLP-Grossrat Gian von Planta.

Claudio Thoma

Doch von Planta sagt auch: «In der Schweiz ist die öffentlich nutzbare Infrastruktur der privaten voraus.» Im privaten Bereich ortet von Planta ein Problem: Mieterinnen und Stockwerkeigentümer hätten es teilweise schwer, Zugang zu einer privaten Ladestation zu bekommen.

«Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer können selbst entscheiden, eine Ladestation zu installieren – nicht aber Menschen, die eine Wohnung gemietet haben oder in Stockwerkeigentum wohnen», erklärt Gian von Planta. «Sie müssen oft um die Installation einer Ladestation kämpfen.»

Aus diesem Grund hat der GLP-Grossrat zusammen mit Die Mitte-Grossrat Werner Müller im Frühling von der Aargauer Regierung gesetzliche Grundlagen gefordert, um die Installation von Elektroladestationen bei Neubauten und Garagensanierungen zu fördern. Das würde helfen, die grösste Hürde bei der Anschaffung eines Elektroautos zu beseitigen, ist von Planta überzeugt:

«Wer ein Elektroauto hat, muss es vor allem zu Hause und im Geschäft laden können.»

Denn mit einer Reichweite von 350 Kilometern, die heute bei den meisten Modellen üblich sei, müsse man ausser auf längeren Reisen nicht auswärts tanken. «Ich selbst lade nur selten an öffentlichen Tankstellen», erklärt von Planta.

Über 500 öffentliche Ladeplätze auf Kantonsgebiet

Sollte das auswärtige Laden trotzdem einmal nötig sein, finden E-Autofahrerinnen und -fahrer im Aargau gute Voraussetzungen vor. Im Kanton muss man sich keine Sorgen machen, mit leerer Batterie irgendwo zu stranden. Immer dichter wird das Netz an Ladestationen, und zwar schneller als in anderen Kantonen. Gemäss Zahlen des Bundesamtes für Energie gab es Anfang August im Aargau 236 öffentlich zugängliche E-Tankstellen. Weil viele davon mehr als einen Anschluss haben, macht das total 503 Ladeplätze.

Wo im Kanton die Ladestationen verteilt sind, sehen Sie auf der interaktiven Karte (Datenquelle: Bundesamt für Energie/ich-tanke-strom.ch):

Das ist bereits deutlich mehr als im Herbst 2020: Seit November letzten Jahres ist die Zahl der Ladestationen im Kanton um 35 Prozent angestiegen. Damit geht es im Aargau im kantonalen Vergleich überdurchschnittlich schnell vorwärts: Er weist die vierthöchste prozentuale Zunahme auf. Und das liegt nicht daran, dass der Aargau auf tiefem Niveau zugelegt hat, auch bei der absoluten Zahl an Ladestationen liegt der Kanton auf Rang vier.

Überdurchschnittlich dichtes Netz

Bezüglich geografischer Dichte an Ladestationen sieht es im Aargau ebenfalls gut aus: Auf 100 Quadratkilometer kommen 35 Ladestationen. Im schweizweiten Vergleich ist das der fünftbeste Wert – deutlich über dem landesweiten Schnitt von 15 Ladestationen pro 100 Quadratkilometer.

Bei der Anzahl Ladestationen pro 10’000 Einwohnern befindet sich der Aargau exakt im gesamtschweizerischen Durchschnitt. Das bedeutet 7 Ladestationen pro 10’000 Personen. Das klingt nach wenig, ist aber mehr als in den bevölkerungsstarken Kantonen Zürich oder Bern.

Insbesondere entlang der Autobahnen wird die Lade-Infrastruktur weiter ausgebaut. Bis am Freitag, 27. August 2021, ist der A1-Rastplatz in Othmarsingen gesperrt, weil Ladeplätze für E-Fahrzeuge gebaut werden. Auf dem Autobahnrastplatz in Oftringen wurde bereits im Frühling eine Stromtankstelle mit acht Hochleistungsladeplätzen installiert.

Dort können auch E-Lastwagen ihre Akkus laden. Das Ladeangebot für elektrischen Schwerverkehr ist immer mehr gefragt. Soeben hat die Firma Feldschlösschen die schweizweit grösste Flotte an vollelektrischen Lastwagen in Betrieb genommen.

Auf dem Autobahnrastplatz Oftringen Ost wurde im Frühling eine E-Ladestation gebaut, die auch für elektrische Lastwagen geeignet ist.

Auf dem Autobahnrastplatz Oftringen Ost wurde im Frühling eine E-Ladestation gebaut, die auch für elektrische Lastwagen geeignet ist.

zvg

Ein guter Tipp für alle E-Autolenker: An einigen Ladestationen kann man sogar gratis tanken. So betreiben mittlerweile viele grosse Einkaufszentren von Migros, Lidl oder Aldi eine Gratisladestation, etwa das Wynecenter in Buchs oder der Lidl in Muri. Auch ausgewählte Autogaragen, Restaurants, Bankfilialen und Private bieten öffentlich zugänglichen Gratisstrom an.

Mehrere Websites listen auf, wo Gratisladen möglich ist. So ist auf der Website ich-tanke-strom.ch einsehbar, wo man zu welchem Preis laden kann. Zudem wird in Echtzeit angezeigt, ob die Ladestation gerade besetzt ist. Die App des Vereins Lemnet zeigt ebenfalls Gratislademöglichkeiten an.

Events rund um die E-Mobilität im Aargau

Elektroflugzeug startet auf dem Flugplatz Birrfeld

Am 4. September startet das Elektroflugzeug «Pipistrel» zweimal vom Flugplatz Birrfeld. Es ist die Hauptattraktion des eMobility Days, organisiert vom Energieversorger AEW Energie AG. Am Anlass soll Elektromobilität erlebbar werden: Verschiedene Elektrofahrzeuge und E-Ladestationen sind ausgestellt. Zudem können die Besucherinnen und Besucher E-Carsharing-Fahrzeuge auf einer Probefahrt testen.

E-Mobil-Rallye führt durch den Aargau

Wer ein Elektroauto, ein Elektromotorrad oder ein E-Bike besitzt, kann an der WAVE-Trophy Zentralschweiz 2021 teilnehmen. Am Wochenende vom 27. bis 29. August findet die E-Mobil-Rallye statt. Der Start erfolgt am Freitag in Küssnacht SZ, am Samstagnachmittag kommt der Tross dann im Aargau an: Die Route führt zum Schloss Hallwyl und abends nach Baden. Am Sonntag geht’s über das Schloss Wildegg nach Rheinfelden, wo die diesjährige Rallye endet. (aka)

Stromnetze würden nicht überlastet, beruhigt Gian von Planta

Bei allen Vorteilen der E-Mobilität gibt es auch immer wieder kritische Stimmen. Sie warnen etwa davor, dass die Zunahme der E-Mobilität zu einer Überlastung des Stromnetzes oder zu Versorgungsengpässen führen könnte. Dem widerspricht Energieexperte Gian von Planta. Solche Schwierigkeiten seien nicht zu befürchten, er sagt:

«Aus meiner beruflichen Erfahrung kann ich sagen: Die Versorger sind darauf vorbereitet und können bei Bedarf die Netze mittels Ausbau oder Steuerung anpassen.»

Auch von der Vielzahl an Abo- und Bezahlsystemen für den Strombezug sollte man sich nicht abschrecken lassen, findet von Planta. «Die Angst ist unbegründet, dass man an gewissen Stationen nicht laden kann, weil man kein Abo beim jeweiligen Versorger hat.» Im schlimmsten Fall müsse man sich registrieren und eine App herunterladen, um die Bezahlung abzuwickeln. Das gehe aber schnell und ohne weitere Verpflichtungen, versichert von Planta.

Diese Steckertypen sind bei uns verbreitet

Gut informieren sollte man sich aber über den Ladeanschluss des eigenen Autos. Denn nicht alle Autos können an allen Stationen laden. In der Schweiz sind vier Steckertypen verbreitet: Typ 1, Typ 2, CCS und CHAdeMO. Hinzu kommt der Supercharger von Tesla, der bislang aber Autos dieser Marke vorbehalten ist.

autoblog.amag.ch

Am weitesten verbreitet ist bei uns der Stecker Typ 2. Die meisten Autos von europäischen Herstellern verwenden ihn. Er erlaubt eine Ladeleistung bis zu 43 kW, an den meisten Ladestationen mit Typ-2-Anschluss sind aber 22 kW üblich. Asiatische und amerikanische E-Autos sind meist auf den Stecker Typ 1 ausgerichtet. Er ermöglicht Ladeleistungen bis zu 7,4 kW.

Dann gibt es noch den CCS (Combined Charging System) oder Combo 2 Stecker. Das Schnellladesystem erlaubt eine Ladeleistung bis zu 170 kW, in der Praxis sind es aber meist 50 kW. Der vierte Stecker ist der CHAdeMO-Stecker. Das Schnellladesystem aus Japan wird allerdings immer seltener eingesetzt, weshalb es in der Schweiz nur relativ wenige CHAdeMO-Ladestationen gibt.

Liberale Aargau für die Trinkwasserinitiative – AZ

«Die Initiative bringt eine liberale Lösung»

Vertreter der Grünliberalen, Freisinnigen und EVP werben für die Trinkwasserinitiative, da diese mit Anreizen arbeite.

Von links: Gian von Planta (GLP), Benjamin Riva (Jungfreisinnige), Christian Minder (EVP), Yannick Berner (FDP) und Roman Mäder (Trinkwasserspezialist) setzen sich für die Trinkwasserinitiative ein.

Von links: Gian von Planta (GLP), Benjamin Riva (Jungfreisinnige), Christian Minder (EVP), Yannick Berner (FDP) und Roman Mäder (Trinkwasserspezialist) setzen sich für die Trinkwasserinitiative ein.

Bild: Alex Spichale

Ein Komitee mit einem Co-Präsidium aus Mitgliedern von Mutter- und Jungpartei von Grünliberalen und Freisinnigen sowie aus der EVP lud zu einem Grundwasserpumpwerk im Ostaargau zur Medieninformation. Thema ist die Trinkwasserinitiative, über die am 13. Juni abgestimmt wird.

Beim Pumpwerk könne konkret aufgezeigt werden, was es heisst und bedeutet, wenn Trinkwasserfassungen wegen zu hoher Schadstoffwerte im Wasser stillgelegt werden müssen, heisst es da. Denn sauberes Trinkwasser sei nicht selbstverständlich. Zu viel eingesetzte Pestizide in der Landwirtschaft trügen zur aktuellen Situation bei. Dies müsse geändert werden, auch wenn dies vor allem konventionell produzierende Bauern nicht so sähen.

«Sauberes Trinkwasser ist leider nicht gottgegeben»

Roman Mäder, Trinkwasserspezialist und Mitinhaber bei K. Lienhard Ingenieure, verweist auf die negativen Folgen des Eintrags von Pestiziden und Nährstoffen auf die Biodiversität: «Trinkwasser ist das bei uns am besten kontrollierte Lebensmittel», betont Mäder:

«Sauberes Trinkwasser ab Wasserhahn ist leider nicht gottgegeben. Damit es eine hohe Qualität behält, müssen wir handeln.»

Denn zu viele Schadstoffe fänden gerade aus der Landwirtschaft ins Grundwasser. So weise dieses oft zu hohe Nitratwerte auf. Viele Landwirte produzierten bereits bio, andere gewichteten ihre Eigeninteressen aber immer noch höher. Mäder: «Ein nächster Schritt beim Gewässerschutz ist nötig. Mit der Initiative können wir die Trinkwasserqualität verbessern, damit auch unsere Kinder Wasser direkt ab Hahn geniessen können.»

GLP-Grossrat Gian von Planta ergänzt:

«Im Aargau als viertgrösstem Landwirtschaftskanton ist das Trinkwasser besonders betroffen.»

Er und das ganze Komitee hoffen auf ein Ja im Aargau: «Denn eine Volks-initiative braucht nebst dem Volks- auch ein Ständemehr. Wir setzen uns dafür ein, und viele weitere tragen dieses Anliegen mit.» Weil der Aargau besonders betroffen und für den Ausgang der Abstimmung wichtig sei, habe man sich entschieden, ein separates Aargauer Komitee zu gründen, «um die bürgerlich-liberalen Kräfte zu bündeln».

«Initiative bietet Anreize, nicht Verbote»

Man dürfe keinesfalls diese und die Pestizidinitiative in einen Topf werfen, betont dazu FDP-Grossrat Yannick Berner: «Mit der Trinkwasserinitiative erhalten wir ein Gesetz, das mit Anreizen statt Verboten das Ziel von gesundem Trinkwasser und einer intakten Biodiversität erreichen will.» Er hofft gerade auch deshalb, dass seine eigene Kantonalpartei nächsten Dienstag die Ja-Parole dazu fasst.

«Mehr Verluste als Wertschöpfung»

Die Schweizer Landwirtschaft generiere jährlich eine Wertschöpfung von 4,3 Milliarden Franken, rechnet Benjamin Ri-va von den Jungfreisinnigen vor. Demgegenüber stünden, so Riva, «jährliche ökonomische Kosten von fast 21 Milliarden Franken (etwa Umweltschäden, Biodiversitätsverluste). Die Grenzwerte würden teils systematisch missachtet, was aufzeige, «dass dringender Handlungsbedarf besteht», ergänzt Gion Reto Kaiser von den Jungliberalen. Es sei Zeit zu handeln.

Minder: Es sind Ausnahmen möglich

Schliesslich sagt Komiteemitglied und Grossrat Christian Minder (EVP), ja, die Initiative sei «sehr konsequent». Es seien gleichwohl Ausnahmen möglich. Wenn der Verfassungsartikel vom Volk gutgeheissen werden sollte und das Parlament dann im Gesetz zum Beispiel für Hochstammobst biologische Pilzschutzmittel als sinnvoll erachte, «haben auch die Initianten nichts dagegen»

Längere Grabesruhe ermöglichen – AZ

«Friedhöfe werden wie Betriebe optimiert»: Grabesruhe soll länger möglich sein

In Baden werden Gräber nach 20 Jahren aufgelöst. «Das umfasst nicht einmal die Spanne einer Generation», sagt Einwohnerrat Gian von Planta. Ein Postulat vom ihm und Mark Füllemann fordert eine Anpassung des Reglements.

Das aktuelle Bestattungs- und Friedhofsreglement, das der Badener Einwohnerrat 2016 verabschiedet hat, hat fast schon historische Dimensionen: Als erste Gemeinde im Kanton Aargau ermöglichte Baden auf dem Friedhof Liebenfels ein muslimisches Grabfeld, das es Muslimen erlaubt, Bestattungen nach den Anforderungen ihrer Religion vorzunehmen.

Damals ging in der öffentlichen Diskussion fast etwas unter, dass im neuen Reglement die Grabesruhe von 25 auf 20 Jahre gesenkt wurde. Das entspricht der Mindestanforderung des Kantons und wird in vielen Gemeinden so gehandhabt.

«20 Jahre umfassen nicht einmal eine Generation»

Ein Postulat der Einwohnerräte Gian von Planta (GLP) und Mark Füllemann (FDP) möchte dies nun ändern. Das Reglement soll in dem Sinn angepasst werden, dass nach Ablauf der 20 Jahre die Grabesruhe verlängert werden kann, heisst es im Vorstoss. Von Planta sagt: «Ich störe mich schon länger daran, dass unsere Friedhöfe wie Betriebe optimiert werden.» Die «Durchlaufzeit» werde immer mehr gesenkt und die Friedhöfe werden dabei immer leerer an Gräbern und Gedenken. «20 Jahre umfassen nicht einmal die Zeitspanne einer Generation», sagt Gian von Planta. Das könne beispielsweise im Falle eines früh verstorbenen Elternteils dazu führen, dass Grosskinder bereits keinen Erinnerungsort auf dem Friedhof mehr vorfinden.

Eine Möglichkeit schaffen, die Grabesruhe zu verlängern

Den Nachkommen, allenfalls auch Freunden der Verstorbenen, sollte deshalb die Möglichkeit geboten werden, zu einem späteren Zeitpunkt die Grabesruhe zu verlängern, sofern dies die Platzverhältnisse zulassen.

Von Planta und Füllemann, der bereits 2016 an der Ausarbeitung des Reglements mitwirkte, sehen dabei verschiedene Varianten der Umsetzung: vom Weiterbestehen des Grabes an seinem Standort über die Versetzung des Grabsteines – mit weniger Platzbedarf – bis zu einer Mauer mit Gedenktafeln.

Zum Vorgehen sagt Gian von Planta: «Beim Begräbnis könnten beispielsweise drei Kontakte angegeben werden, bei denen die Stadt nach 20 Jahren nachfragt, ob eine Verlängerung gewünscht wird.» Aber das seien Fragen, die dann im Detail geklärt werden müssten, ebenso wie die Kostenfrage oder jene über die Dauer der Verlängerung.

Keine Angst vor Platzknappheit

Mit einer Platzknappheit rechnet von Planta nicht. Die Friedhöfe in Baden seien heute nur wenig belegt. «Zudem ist nicht zu erwarten, dass von der Möglichkeit einer Verlängerung von mehr als einer Minderheit Gebrauch gemacht würde.» Aber gerade dieser Minderheit, die Wert auf diese Art der Verbundenheit mit ihren Vorfahren legt, sollte entgegengekommen werden.

Bereits 2016 stellte Einwohnerrat Matthias Brunner (SVP) den Antrag, die Grabesruhe bei 25 Jahren zu belassen. Der Tod werde oftmals verdrängt. «Selbst das Grab will man so schnell wie möglich beseitigen», sagte er, fand im Parlament aber keine Mehrheit.

glp verdoppelt Sitzzahl bei Grossratswahl – AZ

Grünliberale jubeln über Verdopplung der Sitze: «Die grüne Welle rollt weiter und weiter»

Das GLP-Quartett aus dem Bezirk Baden: Sander Mallien, Leandra Knecht, Manuela Ernst, Gian von Planta (v.l.).

Von zwei auf vier: Die Grünliberalen haben ihre Sitze im Bezirk Baden verdoppelt. Freude herrscht aber auch bei den Grünen. Bei der SP dagegen ist die Enttäuschung gross.

Grünliberale und Grüne haben im Bezirk Baden zusammen drei Sitze gewonnen. Sie sind die Gewinner der Grossratswahlen im Bezirk. «Ein genialer Tag», sagt Christoph Meier, Wahlkampfleiter der Grünliberalen. Seine Partei hat die Sitzzahl im Bezirk Baden von zwei auf vier verdoppelt.

«Dass es aufwärts gehen könnte, haben wir uns erhofft, auch aufgrund der vielen Rückmeldungen aus der Bevölkerung. Aber dass wir gleich zwei Sitze gewinnen, damit durften wir nicht rechnen. Die grüne Welle rollt weiter und weiter», sagt Meier.

Neu gewählt worden sind zwei Frauen: Manuela Ernst, die von Listenplatz drei ins Rennen ging, und Leandra Knecht (Listenplatz 10). «Ihre Wahl ist überraschend, zumal viele Kandidierende, die vor ihr platziert waren, sehr intensiv Wahlkampf betrieben haben», kommentiert Christoph Meier. «Was mich besonders freut, ist die Tatsache, dass wir nun endlich auch mit Frauen im Grossen Rat vertreten sind.»

Ruth Müri: «Von grünen Welle profitiert»

Zufrieden zeigt sich Ruth Müri, Co-Bezirksparteipräsidentin der Grünen. Die Badener Stadträtin selber schaffte die Wiederwahl problemlos – und ihre Partei legte einen Sitz zu, den alt Nationalrat Jonas Fricker holte.

«Wir haben von der grünen Welle profitiert, dazu aber auch bekannte Namen ins Rennen geschickt», kommentiert Ruth Müri. Insgeheim hätten die Grünen auf zwei Sitzgewinne gehofft, so Müri.

SP-Präsidentin will analysieren

Als einzige Partei einen Sitz verloren hat die SP. Nora Langmoen, Bezirksparteipräsidentin: «Wir sind enttäuscht, müssen die Wahlen analysieren und wollen bei den Gemeinderatswahlen 2021 wieder angreifen.

Politik kann extrem langwierig sein – nau.ch

Politgötti Gian von Planta: «Politik kann extrem langwierig sein»

Der Badener glp-Politiker Gian von Planta über gute und schlechte Ideen und über das neue Konzept des Politlabors.
glp-Politiker Gian von Planta
glp-Politiker Gian von Planta – Nau.ch

Der Badener glp-Politiker Gian von Planta sitzt im Badener Einwohnerrat und im Aargauer Grossrat. Er ist seit 2005 politisch aktiv und war Mitbegründer der glp der Stadt Zürich. Damit hat er beste Voraussetzungen, am ersten offenen Politlabor im Aargau ein «Götti» für neue Ideen zu sein.

Nau.ch: Wie war Ihr erster Abend als Politgötti?

Gian von Planta: Ich bin schon länger aktiv in der Politik. Doch ich habe heute von den Besucherinnen und Besuchern des Politlabors viel Neues gelernt. Ich wurde überrascht und werde viele frische Ideen mit in die Politik nehmen können.

Nau.ch: Fehlt es denn gestandenen Politikern manchmal an Ideen?

Gian von Planta: Politik kann extrem langwierig sein. Ich habe mich beispielsweise gegen ein öffentlich finanziertes Stadion in Zürich eingesetzt oder politisiere aktuell für die Limmattalbahn.

Bei beiden Projekten wusste ich: Da muss ich ein Jahrzehnt dranbleiben. Verleidet ist es mir nicht. Aber ein Event wie das Politlabor verleiht einem wieder viel Inspiration und Schwung!

Nau.ch: Im Politlabor ist jeder willkommen. Wie gehen Sie damit um, wenn einer kommt und sagt: «Ich habe eine tolle Idee. Man muss die Zuwanderung begrenzen!»

Gian von Planta: Als «Götti» müsste ich wohl höflich ablehnen. Und so ein Fall war zum Glück nicht dabei. Aber natürlich haben mir nicht alle Ideen gefallen – das gehört dazu.

Nau.ch: Welche grossen Visionen finden Sie – abseits des Politlabors – inspirierend?

Gian von Planta: Ich halte das Cargo sous terrain für ein tolles Projekt. Das ist eine unterirdische Bahn, die nur Transportgüter befördert.

Es ist ein nachhaltiges und zukunftsorientiertes Transportsystem für die ganze Schweiz.

Dividenden und Kurzarbeit – AZ

Kommentar zur Frage, ob staatliche Unternehmen Kurzarbeit beantragen dürfen und sollen auch wenn sie weiterhin Dividenten ausbezahlen.

Das Instrument der Kurzarbeit ist eigentlich für Firmen in grossen, möglicherweise zeitlich befristeten finanziellen Nöten gedacht damit sie keine Mitarbeiter entlassen müssen. Da dies für die meisten Aktiengesellschaften im (teil-)Besitz von Gemeinden oder Kantonen nicht der Fall ist, ist auch der Bezug der Kurzarbeitsentschädigung zu hinterfragen. Die Ausschüttung von Dividenden ist ein klares Signal, dass eine solche Gesellschaft nicht in finanziellen Nöten ist.

Dividenden-Poker um Casino, Eniwa & Co.: Dürfen Unternehmen trotz Kurzarbeit Dividenden ausschütten?

Die Diskussion um die Ausschüttung von Dividenden spitzt sich zu. Denn in Baden ist die Stadt am Casino beteiligt. Das macht die Sache so besonders brisant.

Dürfen Unternehmen trotz Kurzarbeit Dividenden ausschütten? Nein, meinte der Nationalrat. Ja, entschied der Ständerat letzte Woche – doch die Diskussion ist damit längst nicht beendet – schon gar nicht im Aargau. Im Falle des Grand Casino Baden, das an der Dividende von 25 Franken festhält, enthält sie gar zusätzlich Brisanz: Denn Mehrheitsaktionärin ist die Stadt Baden.

GLP-Einwohnerrat und Grossrat Gian von Planta kritisiert: «Dass sich die Stadt indirekt vom Bund über Kurzarbeit finanzieren lässt, ist doch ziemlich skurril und sicher nicht der Sinn dieses Instrumentes.» Juristisch gebe es zwar nichts zu rütteln, weiss von Planta. «Moralisch ist es aber schwierig zu verstehen, wenn Aktionäre dank Kurzarbeitsentschädigung vom Staat weiterhin Dividenden erhalten. Hier zeigt sich einmal mehr, wie fragwürdig es ist, dass sich die Stadt Baden privatwirtschaftlich engagiert.»

«Grundsätzlich nicht in Ordnung»

Auch Fritz Bosshardt vom linksliberalen Team Baden findet die Dividendenpolitik des Casinos problematisch – aber nicht aus moralischen Gründen. «Das Casino sollte sicherstellen, dass langfristig genügend Eigenkapital vorhanden ist, um den Betrieb sicherstellen zu können. Niemand weiss, wie lange die Coronakrise dauert.» Die Dividenden könnten, falls das Geld tatsächlich nicht benötigt werde, auch noch in den nächsten Jahren ausbezahlt werden. Selena Rhinisperger, Präsidentin der SP Baden, findet Dividenden bei Kurzarbeit «grundsätzlich nicht in Ordnung» – auch wenn, wie im vorliegenden Fall die Bevölkerung von Baden eventuell mitprofitiere.

Verwaltungsratspräsident Jürg Altorfer sagt, die Dividendenfrage sei von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung intensiv diskutiert worden. «Wir sind zum Schluss gekommen, dass wir eine Verantwortung gegenüber all unseren Stakeholdern haben. Deshalb haben wir uns entschieden, wo immer möglich unsere Mitarbeitenden, die Vereine, Handwerker, aber auch die Stadt Baden als unseren Hauptaktionär zu unterstützen.»

Den Mitarbeitenden werde der volle Lohn bezahlt, die Vereine erhielten weiterhin die Sponsoringbeiträge, der Umbau des Restaurants finde statt und die Dividende werde im gewohnten Rahmen ausgeschüttet. «Dank des sehr guten Geschäftsergebnisses 2019 und den sehr guten Zukunftsaussichten müssen und wollen wir unsere Dividendenpolitik auch in diesen schwierigen Zeiten nicht ändern», sagt Jürg Altorfer.

Für die Stadt Aarau geht’s um 7,5 Steuerprozente

In Aarau wird die Dividenden-Frage noch heisser diskutiert. Aus Zeitgründen und weil der Betrag, den die Stadt vom Energieversorger Eniwa bekommt, deutlich höher ist als in Baden. Es geht um 4,86 Millionen Franken, was 7,5 Steuerprozenten entspricht (bei einem Steuerfuss von 97 Prozent). Ein Vorstoss der Grünliberalen hat das Thema aufs politische Parkett gebracht. Diskutiert wird an der Einwohnerratssitzung vom 8. Juni. Weil dann die Eniwa-Generalversammlung bereits gewesen wäre, hat der Stadtrat diese in Last-Minute-Manier auf Anfang Juli verschieben lassen.

Als einziges börsenkotiertes Aargauer Unternehmen hat bisher die Zehnder AG wegen Corona ihre Dividende gekürzt. Die Aktionäre der in der Raumlüftung tätigen Firma verzichteten auf drei Millionen Franken (statt dem beantragten Franken gibts nur 70 Rappen).

Nicht so wird es bei der Hypothekarbank Lenzburg (Hypi) sein, die heute ihre Geister-GV abhalten wird. Beantragt und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird die Ausschüttung von 7,9 Millionen Franken bewilligt. Die Dividenden-Frage sei diskutiert worden, erklärte CEO Marianne Wildi. Aber: «Es wäre ein falsches Zeichen gewesen, die Dividende nicht mehr zu zahlen, obwohl unsere Firma sehr stabil ist.»

Aargauer Polizei jagt Corona-Sünder jetzt mit Überwachungskameras – Blick

Der Kanton Aargau verschärft die Massnahmen im Kampf gegen das Coronavirus. Zur Durchsetzung der Kontrolle der Verbote darf die Polizei virtuelle Patrouillen einsetzen.

Die Polizei des Kantons Aargau will die Durchsetzung und Kontrolle der Verbote, die im Zusammenhang mit dem Coronavirus stehen, verstärken. «Mit den beschränkt zur Verfügung stehenden polizeilichen Kräften ist eine angemessene Kontrolle nicht umzusetzen», heisst es in einer Mitteilung des Regierungsrats.

Aus diesem Grund kommen nun Überwachungskameras zum Einsatz. Diese werden auf allen öffentlich zugänglichen Räumen eingesetzt. Also an Spazierwegen, Parkanlagen und öffentlichen Plätzen. Es handelt sich dabei um Echtzeitüberwachung.

Aktuell keine neuen Kameras geplant

Die Polizei soll zudem ohne Bewilligung der Beauftragten für Öffentlichkeit und Datenschutz neue, zusätzliche Überwachungsanlagen einsetzen dürfen. Diese Anlagen würden später wieder entfernt werden.

Samuel Helbling, Sprecher des Departements Volkswirtschaft und Inneres, sagt zu BLICK, dass solche zusätzlichen Anlagen derzeit nicht vorgesehen seien. «Ein allfälliger Einsatz würde nur punktuell in Einzelfällen an besonders stark betroffenen Orten vorkommen. Zu denken ist beispielsweise an Orte, an welchen es in der Vergangenheit zu einer erheblichen Häufung von Verstössen gegen das Verbot von Menschenansammlungen gekommen ist.»

Weiter betont er: «Eine flächendeckende Überwachung des öffentlichen Raums wird es im Kanton Aargau nicht geben.»

Keine verdeckte Überwachung

Auf «Bildaufnahmegeräte von Dritten» darf zugegriffen werden. Damit sind Gemeinden oder öffentliche Verkehrsbetriebe gemeint.

Heimlich soll aber niemand gefilmt werden: Es soll sich dabei nicht um eine verdeckte Überwachung handeln. «Die Überwachung ist daher durch geeignete Massnahmen, beispielsweise Hinweistafeln erkennbar zu machen», heisst es in der Mitteilung.

Das Ziel sei, ein präventiver Zweck, der der Polizei «rasche und zielgerichtete Einsätze erlaubt.»

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